Der heutige Blog-Artikel solch sich einem allseits bekannten Phänomen, welches prädestiniert scheint im Trading aufzutreten, widmen: FOMO.
Die Idee zum folgenden Blog-Artikel kam mir, nachdem ich eine E-Mail erhalten hatte, die wie folgt begann:
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Guten Abend Herr Klatt,
ich habe nun wirklich wieder einmal eine Frage an Sie.
Einige meinen ich sollte mich auf mehrere Währungspaare konzentrieren, doch am Ende des Tages bei meiner abendlichen Marktbeobachtung und Eintragung ins Trading Journal merke ich wie viele Signale ich bei meinem Lieblingspaar übersehen habe weil ich nicht wusste wohin ich als erstes schauen soll.
Das wurmt mich nun schon langsam so richtig, und natürlich sollte ich auf mein Bauchgefühl achten.
Die Meinung ist, dass wenn man sich auf ein Paar konzentriert es in ruhigen Zeiten zu wenig Trades kommt.
Nun schreibe ich seit Wochen täglich Berichte über GBPUSD. Darin vermerke ich die Range, Signale anhand von EMA’s Bounces, Divergenzen,….
Alleine heute hat der Signale ohne Ende gegeben. Sie schreiben ja in Ihrem Buch man sollte am Anfang den Fokus auf weniger Paare legen.
Ist das so eine Art Gier nichts verpassen zu wollen, wenn man überall gleichzeitig sein möchte?
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Kennst du das auch?
Frust ausgehend von der Tatsache, ein Handelssignal und somit einen Trade nicht gemacht zu haben?
Keine Sorge, du bist hier offensichtlich nicht alleine.
Dieses Phänomen, Angst zu haben etwas zu verpassen (oder Englisch: Fear Of Missing Out, kurz: FOMO) ist absolut natürlich und menschlich und wir wollen im Folgenden versuchen, dieser kognitiven Verzerrung mit rationalen Lösungsvorschlägen etwas besser Herr zu werden.
Zunächst gilt es ‚FOMO‘ genauer zu definieren, Wikipedia schreibt hierzu:
„Die Fear of missing out (dt.: Angst, etwas zu verpassen, Akronym FOMO) ist eine Form der gesellschaftlichen Beklemmung/Angst/Besorgnis. Das Phänomen beschreibt die zwanghafte Sorge, eine soziale Interaktion, eine ungewöhnliche Erfahrung oder ein anderes befriedigendes Ereignis zu verpassen und nicht mehr auf dem Laufenden zu bleiben. Dieses Gefühl geht besonders mit modernen Technologien wie Mobiltelefonen und sozialen Netzwerken einher bzw. wird von diesen verstärkt.[…]“
In Bezug aufs Trading wird offensichtlich, wie FOMO auftreten wird: die Sorge, ein befriedigendes Gefühl (=gewinnbringender Trade) zu verpassen.
Erinnere dich hierzu einfach mal an deine emotionale Verfassung, als es in Bitcoin oder in anderen Krypto-Währungen nahezu parabolisch aufwärts gegangen ist.
Ich kann mich an diese Zeit Mitte/Ende 2017 z.B. sehr gut erinnern: ich habe bereits Anfang 2014 erste Interviews zu Bitcoin gegeben (damals notierte Bitcoin bei etwa 200 USD) und war sehr skeptisch, meine Einschätzung bzw. Analyse war nicht sonderlich rosig.
Während sich einige meiner Sorgen und Zweifel hinsichtlich krimineller und betrügerischer Machenschaften im Krypto-Bereich (Geldwäsche, Pump-and-Dump) bestätigt haben, ist der Innovationsgrad der Blockchain-Technologie, besonders durch die mathematische Eleganz, allerdings unbestreitbar, von der Kursentwicklung und den fantastischen Rendite-Möglichkeiten, wenn man zur richtigen Zeit eingestiegen ist, mal ganz zu schweigen…
Und demnach sah ich mich zur damaligen Zeit mehr als einmal mit dem Gedanken konfrontiert, bei 10.000 USD und höher noch zuzuschlagen, um den Zug nicht zu verpassen – was ich allerdings glücklicherweise nicht tat.
Diese kleine Anekdote ist ein Paradebeispiel für FOMO, deren zwei Haupttreiber offensichtlich Angst und Gier sind.
FOMO-Trading und Volatilität gehen gewöhnlich Hand in Hand, sprich: starke Kursbewegungen sind klassische Aufmerksamkeits-Garanten, seien es
parabolische Kursanstiege wie im Krypto-Markt Ende 2017 bzw. Bitcoin,
News-Events wie FED- oder EZB-Leitzinsentscheidungen oder US-Arbeitsmarktzahlen wie die NFPs oder
deutlich größere Kursschwankungen im persönlichen Lieblingsmarkt von einem auf den anderen Tag [obige Mail erreichte mich an einem Tag, als die durchschnittliche Handelsspanne im GBPUSD in den letzten 10 Tagen zwischen 60 und 70 Pips gelegen hat, an besagtem Tag bei 100 Pips]
Erhöhte Volatilität, ein ansteigender Puls und emotionsgeladene Entscheidungsfindung sorgen ganz besonders bei jenen Tradern für Angst etwas zu verpassen, die über keinen klar formulierten und einen Vorteil-versprechenden Handelsplan bzw. Handelsstrategie verfügen – die Motivation und Kern-Thematik meines zweiten Buchs „Trader“:
Genau jetzt wirst du dich sicherlich fragen:
„Hä? Hat der Typ nicht ein paar Zeilen weiter oben von seinem persönlichen FOMO-Erlebnis in Bitcoin berichtet? Und jetzt verweist er auf sein Buch, dass zum Thema die Wichtigkeit hat, eine profitable Handelsstrategie zu formulieren und zu handeln? Kam ihm die Erkenntnis folglich während des Schreibens des Buchs?“
Nein, kam sie selbstverständlich nicht. 😉
Aber es zeigt offensichtlich, warum ich es als so wichtig erachte (und auch im Buch so thematisiere), sich zunächst auf einen Markt und eine Handelsstrategie zu konzentrieren und anhand dieses einen Assets und dieser einen Strategie den Weg zum profitablen Trader zu beschreiten:
Er ist offenbar, bspw. durch eine emotionale Stolperfalle wie das Auftreten von FOMO, schwer genug, selbst für jemanden mit meinem Wissen und Erfahrungsschatz.
Oder etwas konkreter in Bezug auf meine persönliche Bitcoin-Anekdote:
ich hatte mich zum damaligen Zeitpunkt weder intensiv mit der Blockchain-Technologie auseinandergesetzt (=mangelndes Produkt-Wissen)
noch mit Eigenarten im Kursverhalten bspw. durch geringe Liquidität im jeweiligen Krypto-Markt, (=mangelndes Asset-spezifisches-Wissen)
noch hatte ich ausreichend große Datenmengen zur Verfügung, die ausgehend von einem solide zugrundeliegenden Volumen die Formulierung einer profitablen Handelsstrategie bzw. erst einmal einen soliden Backtests ermöglicht hätten
Somit war alles, worauf ich meine Entscheidungen hätte stützen können, rein emotionsgeladen und ausgehend von verfügbaren Informationen, Einschätzungen und Interpretationen selbsternannter Experten oder auch Blogs, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die Blockchain-Spreu vom -Weizen zu trennen, aller Wahrscheinlichkeit nach wohl aber eher einem klassischen Dunning-Kruger-Effekt unterlagen.
Kommen wir folgerichtig zu Ideen, wie wir FOMO in unserem Trading mindestens einschränken, eventuell sogar vermeiden können.
Zurückgreifen wollen wir hier auf einige der „10 Punkte, die Sie aus diesem Buch mitnehmen sollten“:
Mit dem Wissen um das Handeln einer profitablen Handelsstrategie lösen sich viele „Probleme“ im Trading quasi von selbst
Im Buch schreibe ich unter diesem Punkt im Zusammenhang mit „Problemen“ von „mentalen Instabilitäten“, zu welchen offensichtlich obige FOMO definitiv gehört.
Konkret resultieren diese mentalen Instabilitäten oder Emotionen aus dem Fehlen um das Wissen des Handelns einer nachweislich profitablen Handelsstrategie.
Ergo: Formuliere einen nachweislich profitablen Handelsansatz, den es dann umzusetzen gilt oder anders:
Plane deine Trades und trade deinen Plan!
Im Trading ist weniger mehr
Bereits in meinem ersten Buch "Forex-Trading: Grundlagen, Strategien und Methoden für den erfolgreichen Devisen-Trader" habe ich die Stärke von Filtern im Trading und die Reduktion der Handelsfrequenz und zeitgleiche Steigerung der Profitabilität im Trading aufgegriffen.
Zwar gilt es in diesem Zusammenhang nun sehr vorsichtig zu sein und aufzupassen, dass man einen Fehler wie das Auslassen eines im Einklang mit dem eigenen Handelsansatz stehenden Trades rechtfertigt bzw. schön redet.
Das bedeutet konkreter, dass es solche ausgelassenen Trades genau zu dokumentieren gilt und aufzubereiten, warum der Trade nicht umgesetzt wurde.
Nichtsdestotrotz ist das Verpassen eines solchen Trades immer noch besser, als einem sich bereits günstig für einen entwickelnden Trade hinterher zu springen, was nichts anderes als eine Verschlechterung des Chance-Risiko-Verhältnisses impliziert, im Allgemeinen folglich negative Auswirkungen auf die Profitabilität des Trades generell hat und in Verbindung mit den zudem anfallenden Kommissionen unterm Strich folglich Geld kosten wird
(zur Erinnerung: Profitabilität im Trading resultiert aus der Gesamtheit aller Trades – nicht einzelner. Und selbst wenn ein solches „Hinterherspringen“ einmal gut geht – langfristig dürfte es eher Geld kosten…)
Und, hast du dich in obigen Zeilen an der ein oder anderen Stelle widererkannt?
Hast du bereits Gegenmaßnahmen ergriffen, z.B. durch das Erstellen eines eigenen, Trading-psychologischen Profils?
Wie schauen deine Gegenmaßnahmen konkret aus?
Sende hierzu gerne eine Mail an jklatt@jk-trading.com, auch mit einem Feedback zum Artikel.
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