Nachdem wir uns im zweiten Teil des ultimativen Leitfadens für Aktien Daytrading der technischen Analyse, Fundamentalanalyse und der Frage gewidmet haben, was es braucht, um erfolgreich um im Aktien Daytrading zu sein, wollen wir uns im dritten Teil unseres ultimativen Leitfadens zum Aktien Daytrading dem Bau unserer profitablen Handelsstrategie widmen, was es dafür benötigt, aber auch einigen Aktien Daytrading Strategien und häufig gestellten Fragen zum Aktien Daytrading generell.
Wie Du dir eine profitable Handelsstrategie baust
Ok, Du hast jetzt also ein Playbook, also ein News-Event zum Beispiel, ausgehend von welchem Du an einer Aktie interessiert bist und zudem, was Du zu sehen bekommen möchtest, damit Du an einem Trade interessiert bist.
Nun geht es an das Zusammenführen, um ausgehend hiervon kontinuierlich Geld aus dem Markt zu ziehen.
In Bezug auf das „was ich sehen möchte“ gilt es allerdings sehr spezifisch zu sein, was in Bezug auf die Formulierung einer Handelsstrategie essenziell ist und was wir nun tun wollen.
Beginnen wir mit dem
Umfeld
In welchem Marktumfeld befinden wir uns? Was begünstigt das aktuelle Marktumfeld?
Gehen wir zwecks Illustration einmal davon aus, dass dein Setup auf einen Breakout über ein technisch identifiziertes Level (einen Widerstand) abzielt, sprich: Du willst einen Long-Breakout handeln.
Nun befinden wir uns aber in einem Bärenmarkt, wenn auch nur kurzfristig (es gibt unter professionellen Tradern beispielsweise eine recht einfache Herangehensweise, die grob sagt „Solange wir unter der 5-Tagelinie handeln, möchte ich nicht Longs ein – und vice versa“).
Und bei genauerer Betrachtung der bspw. letzten zwei Wochen und ähnlichen Breakout-Plays in anderen Aktien, eventuell ganz besonders im gleichen Sektor, konnten wir beobachten, dass solche Breakouts fehlschlugen.
Wollen wir den Breakout also pauschal Long handeln? Die Antwort lautet: „Nein!“, denn: das Umfeld, in dem wir uns bewegen, ist wichtig!
Eventuell sollten wir im aktuellen Umfeld Trades bevorzugen, die auf Fehlausbrüche abzielen?
Genau das gilt es für uns als Trader nun abzuschätzen und ausgehend hiervon eine Entscheidung zu treffen.
Was uns zum nächsten Punkt bringt…
Unser Trade bzw. unser Play
Schauen wir zunächst auf das große Ganze: unser Playbook sollten klar definieren, welche Art von Trade bzw. Play wir machen wollen.
Handelt es sich um einen technischen Breakout in einer relativ starken bzw. heißen Aktie (z.B. infolge von starken Quartalszahlen)?
Ist es ein Breakout der sich an einem zweiten Tag herauskristallisiert, nachdem die Aktie einen fundamentalen Katalysator gesehen hat und dann stark geschlossen hat?
Handelt es sich um einen „Breaking News“ Ausbruch über ein technisches Level?
Also: was sorgt für das Ungleichgewicht im Orderbuch, welches den Ausbruch auf den Weg bringen sollte und was für einen Trade machst Du ausgehend hiervon?
Zudem ist es wichtig, in der richtigen Aktie für einen Trade zu sein, das hatten wir weiter oben bereits thematisiert, wo wir sagten: „Wir sind als Trader nur so gut, wie die Aktie, die wir handeln!“
Ist die Aktie heiß, dann sind wir als Aktien Daytrader hier genau richtig – auch wenn wir an dieser Stelle noch keinen Trade haben.
Das Setup
Damit wir einen Trade in Betracht ziehen, muss die jeweilige Aktie sich grob gesprochen „auf dem Präsentier-Teller“ zeigen, also von ihrer „Schokoladenseite“.
Dafür wollen wir eine Konstellation, die uns unser Risiko im Trade klar definieren lässt (was nichts anderes bedeutet, als dass, wenn dieser Punkt erreicht ist, unsere These nicht mehr gegeben ist).
Was wir hierfür tun sollten, ist, eine Checkliste erstellen, wo wir alle Punkte zu unseren Gunsten abhaken können, z.B.
Bruch über die vorbörslichen Hochs
Halten über den vorbörslichen Hochs und VWAP von mindestens 5min
Bewegung von der Eröffnung auf die Tageshochs mindestens 0.7 ATR
Bewegung auf Hochs ist mit mindestens mit 20% des durchschnittlich gehandelten Volumens in der Aktie gelaufen
Fundamentalen Katalysator
Sektor in der betrachteten Aktie ist ebenfalls stark
Tageszeit ist nach 16 Uhr, aber vor 17:30 Uhr
Etc.
Zwar muss nicht jeder Punkt erfüllt sein, aber eine solide Daumenregel lautet: „Umso mehr Haken Du hast, desto stärker ist das Setup und desto größer darf der Anteil des Risikos an deinem täglichen Stop Loss sein“.
Der Trigger
Der Trigger ist die Bedingung, die dich in deinen Trade bringt.
Auch hier gilt es spezifisch zu sein: reicht es für Dich aus, dass der erste Tick über das Breakout-Level dich in deinen Trade bringt? Oder möchtest Du ein Verweilen von 2min über dem Breakout-Level sehen? Willst Du den Breakout zu sehen bekommen und anschließend einen Re-Test der Ausbruchregion?
Du musst dir auch hier darüber im Klaren sein, dass du möglichst spezifisch sein musst, denn der Trigger kann schnell gefunden werden, besonders, wenn dein Trading sich auf Breaking News oder Scalps bezieht.
In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass dein Trigger zum Handelsansatz passen sollte, sprich: in einem Breaking News Trade sollten meiner Einschätzung nach schnelle Kriterien erfüllt sein bzw. den Trigger liefern, ein Re-Test mit x-minütiger Verweildauer oberhalb des Ausbruchniveaus scheint in einem schnellen Marktumfeld eher suboptimal.
Gleiches gilt aber auch für das
Trade-Management
Es ist wirklich essenziell zu wissen, was Du für einen Trade machst. Erinnere Dich an das Beispiel in Nvidia in Teil 2 dieses Leitfadens. Ich schrieb hier ganz konkret, dass ich einen Momentum Scalp handeln wollte.
Hierzu schaue ich wirklich auf den Minuten-Chart und sobald sich das Momentum im Trade abschwächt, bin ich aus der Position wieder raus.
Was der Chart in Teil 2 auch einfängt ist, dass es in den folgenden Stunden und auch am folgenden Tag für Nvidia zunächst noch weiter abwärts ging – aber das hat mich nicht weiter tangiert, weil das nicht mein Trade war.
Wäre ich, aus welchen Gründen auch immer, auf einen Intraday Swing Trade gegangen und hätte es Gründe gegeben (nicht diskretionär, sondern vor allem statistisch validiert), davon auszugehen, dass Nvidia nach dem initialen, bearishen Opening Drive weiter abwärts läuft und im Bereich seiner Tagestiefs schließt, dann wäre mein Stop- bzw. Trade-Management nicht richtig gewesen, da zu aggressiv.
Gleiches gilt auch, wenn ich bspw. keinen Momentum Scalp, sondern einen Momentum Drive gehandelt hätte (ohne an dieser Stelle konkret zu werden, was ich damit meine). In diesem Fall manage ich den Trade bspw. via eines exponentiell geglätteten, gleitenden Durchschnitts EMA, dem EMA(9) und/oder EMA(21) über Minutenbasis.
Was Du erkennst: ich weiß bei jedem meiner Trades nicht nur wie ich den Markt hineinkomme, sondern offensichtlich auch, wie ich aus dem Markt wieder rauskomme ausgehend von konkreten Gründen hierfür.
Also: für das profitable Aktien Daytrading musst Du nicht nur wissen, welche Kriterien Du erfüllt sehen möchtest, um einen Trade überhaupt in Betracht zu ziehen, Ergänzend muss ein konkretes Setup erfüllt sein und demnach eine entsprechende, von dir zu erstellende Checkliste, dann muss der Trade getriggert werden und ausgehend vom Wissen, welchen Trade Du machst (z.B. einen Momentum Drive) hast Du ein konkretes Regelwerk dafür, wie Du aus dem jeweiligen Trade wieder rauskommst.
So, und wenn Du bis hier gelesen, studiert und verstanden hast, wollen wir diesen Leitfaden mit einigen Ideen und spezifischen Handelsstrategien beschließen…
Aktien Daytrading Strategien
Gleich vorab: alle Trader sind verschieden, sind individuell.
Wenn ich zum Beispiel sage, dass man vor Beginn einer Karriere als Trader zunächst einmal sein Persönlichkeitsprofil oder auch ein Trading-psychologisches Profil erstellen soll und das am besten mit einer engen, vertrauten Person bzw. die eigene Einschätzung mit dieser abgleichen, nicht nur in Bezug auf Fragen wie „Bin ich geduldig?“, sondern auch hinsichtlich kognitiver Fähigkeiten („Bin ich ein schneller Denker bzw. kann ich einkommende Informationen schnell einordnen und verarbeiten oder bin ich eher der analytische Typ, der einkommende Daten erst verarbeiten muss und abwägen muss bis er eine Entscheidung trifft?“), dann ist das Ziel hier eine Strategie zu finden, die mit deiner Persönlichkeit übereinstimmt (und die Du selbstbewusster wirst handeln können bzw. Vertrauen in diese aufbauen).
Außer Frage steht (und es wurde von Jack Schwager innerhalb seiner legendären Buch-Reihe „Magier der Märkte“ auch herausgestellt), dass es in der Tat eine Million Möglichkeiten gibt, an den Finanzmärkten Geld zu verdienen, die Ironie nur ist, dass sie alle sehr schwer zu finden sind.
Verstehe bitte die folgenden Abschnitte nicht falsch: es handelt sich allenfalls um Basis-Strategien bzw. grobe Richtlinien, denen Du dann ausgehend von deinen Präferenzen (vornehmlich ausgehend von deinen kognitiven Fähigkeiten) deinen persönlichen Touch hinzufügen solltest, um deinen persönlichen Vorteil entsprechend zu kapitalisieren.
Unterstützung und Widerstand
Erinnerst Du dich noch etwas weiter oben an die Thematisierung von Kursniveaus, wo Bewegungen in Aktien zum Stehen kommen, das Angebot die Nachfrage beginnt zu übersteigen (sich also Widerstandsbereiche herauskristallisieren) bzw. die Nachfrage das Angebot übersteigt und die Aktie Unterstützung findet?
Wir stellten zudem heraus, dass beim Handel von Aktien es zudem wichtig ist, qualitativ hochwertige Preisniveaus zu identifizieren, die zum profitablen Aktienhandel essenziell sind, da auf diesen Preisniveaus erwartet wird, dass es zu einer Reaktion kommt.
Eine Strategie im Aktien Daytrading zielt nun ganz einfach darauf ab, dass es zu einem Halten einer Unterstützung bzw. eines Widerstands kommt und die Aktie an diesem zunächst abprallt bzw. umkehrt und wir auf eben genau diese Umkehr spekulieren.
Obiger Chart zeigt zum Beispiel die Aktie von Nvidia (NVDA) und das mehrmalige Anlaufen der Region um $450 vor und zudem nach Veröffentlichung starker Quartalszahlen (kenntlich gemacht mit dem kleinen „E“ innerhalb der Volumen-Balken).
Besonders der letzte Test scheint mir realistisch handelbar, nachdem die Aktie nach der Markteröffnung recht dynamisch in diese Unterstützungsregion hineinläuft, die 5-Minuten-Kerzen dann aber recht lange Lunten ausbilden.
Spätestens mit der Eroberung der $460 in den Abend des Handelstages scheint Long eine interessante Handelsgelegenheit nachdem die Unterstützung mehrfach hat verteidigt werden können.
Hier wird ein interessanter Aspekt interessant: es geht hier weniger darum, in Unterstützungs- oder Widerstandsniveaus hinein zu kaufen in der Hoffnung, dass diese schon halten werden.
Vielmehr geht es um das Verständnis des Konzepts Unterstützung und Widerstand, was man dann ergänzt um andere Indikationen, die darauf hindeuten das im vorliegenden Fall die Bullen die Kontrolle zu erobern scheinen.
Ich habe den gleichen Chart noch einmal unten eingefügt, ergänzt um zwei mögliche Faktoren, die ein Unterstützungs-Play hier interessant werden lassen:
zum Einen wäre da die Rückeroberung von VWAP (orange) einhergehend mit fortwährend steigenden Tiefs, was zeigt, dass die Bullen für den Handelstag, nach langem Kampf final die Kontrolle für den Handelstag in der Aktie zurückerobert haben.
Dann schau auf das Volumen, als die Aktie die Intraday-Widerstandsregion um $460 bricht und dieses ansteigt: ein mit ansteigendem Volumen (dünner weißer Strich im Volumen unterhalb des Charts) erfolgender Ausbruch unterstreicht die Signifikanz des Bruchs höher und liefert eine weitere Bestätigung, dass die Käufer am Drücker zu sein scheinen.
Ergänzend hierzu könntest Du dir das Tape zum Zeitpunkt des Bruchs über die $460 anschauen bzw. kurz davor und danach.
Du würdest feststellen, dass es zu einer Vielzahl von Prints in der Time & Sales zur Briefseite käme („grüne Prints“), die Briefseiten regelrecht aufgesogen würden und es zeitgleich zu einem kontinuierlichen „Step Up“ der Geldseiten käme, die Käufer also zunehmend Interesse an der Aktie für fortwährend höhere Kurse zeigen würden.
All das können an dieser Stelle einen Trade rechtfertigen, den man dann übergeordnet als „Unterstützungs-Play“ im Trading Journal eintragen würde, ergänzt aber eventuell um einen Tag „Breakout“ oder „Momentum Drive“ oder „Momentum Scalp“ um zu spezifizieren, was Du dort genau gehandelt hast und wir Du den Trade ausgehend hiervon gemangt hast.
Breakout
Wir haben die Begrifflichkeit „Breakout“ bereits im obigen Absatz verwendet, wollen diesen im Folgenden noch genauer spezifizieren, also: was passiert, wenn ein signifikantes Preisniveau nicht gehalten werden kann?
Nun, wir könnten vor einem Ausbruch (engl. Breakout) stehen.
Breakout Plays resultieren aus dem Aufbau von Energie durch das Komprimieren des Preises, nicht selten nach einer ersten, initialen Bewegung, in welcher die Aktie „Schwung“ aufgenommen hat (also Momentum) und wo wir davon ausgehen, dass ein weiterer Schub in Richtung des initialen Momentums vor uns liegt.
Der Ausbruch bzw. Breakout sollte dann mit ansteigendem Volumen erfolgen und es sollte zu einer schnellen Bewegung weg vom Ausbruchslevel in Richtung des Momentums kommen.
Folgender Chart offenbart ein schönes Beispiel, weil es eben nicht perfekt ist, sondern meiner Einschätzung nach zunächst einen potenziellen Fehlausbruch zeigt.
Im Falle von Carvana (Ticker: CVNA) kommt hinzu, dass es sich zum Zeitpunkt dieses Breakouts um eine der, eventuell die meist-geshortete Aktie der Wallstreet handelte und wir somit noch einmal etwas detaillierter auf die im zweiten Teil dieses Leitfadens thematisierte Aktie in Form eines praktischen Beispiels eines Breakout-Short-Squeeze-Plays eingehen können.
Zum Zeitpunkt des möglichen Breakout Plays hatte sich die Aktie von Carvana in wenigen Tagen nahezu bereits verdoppelt, sah am besagten Tag nach etwas durchwachsener Eröffnung einen „bullishen Opening Drive“ und konsolidierte anschließend mehr als 30min klar über den vorbörslichen und Vortages-Hochs und über VWAP (orange).
Um kurz nach 17 Uhr kam es dann zu einem Breakout-Verusch unter deutlich anziehendem Volumen, doch die Aktie sah keinen dynamischen Push höher und in Richtung des Breakouts, sondern hielt knapp unter $40und kippte zurück in die Range – ein klassischer Fehlausbruch, der uns als Daytrader sofort fordert und zwingt, die Position aufzulösen, da das, was wir sehen wollten (ein dynamischer Breakout und Push weg von den bis dato Tageshochs um $39.50, möglichst über $40 und halten oberhalb) nicht erfolgte.
Was wir dann aber auch erkennen ist, das trotz auf den Plan tretender Verkäufer, ein substanzieller Push tiefer nicht gelingen will, CVNA findet fortwährend Unterstützung, die die Aktie über VWAP und deutlich über $38 halten.
Gegen 18 Uhr sehen wir dann ein ernetes Aufdrehen in der Aktie unter steigendem Volumen (Pfeil in den Volumenbalken) und mit dem Ausbruch über die $40 Marke haben wir unseren (Breakout-)Trade.
Wie wir diesen Breakout-Trade dann managen, hängt viel von der Persönlichkeit des Traders bzw. unserem Handelsansatz: so gibt es Momentum Scalper, die die Position halten, bis sich das Momentum erschöpft (im übertragenen Sinne nach dem initialen Momentum-Schub, die erste, rote 1min-Kerze auftritt).
Meine Herangehensweise ist ebenfalls aggressiv, wobei mein Trade-Management bei solchen Momentum-Breakouts häufig über gleitende Durchschnitte erfolgt und hier den EMA(9) und EMA(21) auf 1min-Basis.
Manchmal nehme ich auf diesem Weg dann 80% meiner Ursprungsposition über die EMAs raus und lasse den Rest (20%) als Swing-Position stehen, was ganz besonders dann vorkommen kann, wenn es sich beim Breakout nicht nur um ein kurzfristiges Breakout-Level z.B. auf Intraday-Basis handelt, sondern das Ausbruchslevel auch in höheren Zeitebenen relevant ist (ich spiele im übertragenen Sinne mit ineinandergreifenden Zeitebenen und migriere Teile meiner Position in höhere Zeitebenen, wenn ich von der Aktie das Feedback bekomme, welches ich mir erwünsche).
Während des Schreibens dieses Paragrafen fiel mir ein, dass ich noch ein weiteres, sehr schönes Beispiel für einen Breakout, hier allerdings ausgehend von einem starken Quartalsbericht des Unternehmens „The Trade Desk“ (Ticker: TTD).
Ich habe diesen Trade selbst nicht gemacht, aber nachdem ich von einem anderen Trader auf das Play aufmerksam gemacht wurde und ich erkannte, wie schön, klar und sauber die Aktie an diesem Tag gelaufen ist, habe ich mir hierfür ein Playbook erstellt und den Trade „Reverse-engineered“, eine Praxis, die ich dir ebenfalls empfehlen würde, um dein Playbook zu erweitern.
Ich stelle dir die beiden Charts ausgehend von zwei möglichen Plays nach engen Konsolidierungen mit zwei Breakout-Trade-Möglichkeiten an dieser Stelle ein und Du kannst diese für dich nachbetrachten und eventuell als Grundlage für zukünftige Aktien-Trades deinerseits nutzen:
Breakout 1
Breakout 2
Mean Reversion
Sogenannte „Mean Reversion“-Strategien würde ich im Bereich „fortgeschritten“ ansiedeln, auch wenn ich im Laufe meiner Jahre an den Finanzmärkten eine natürliche Tendenz von besonders Beginnern festgestellt habe, auf Gegenbewegungen zu spekulieren, wenn sich das jeweilige Asset und somit auch in Aktien stark auf der Ober- oder Unterseite bewegt hat, daher möchte ich an dieser Stelle auch eine grobe Orientierung für Mean Reversion Plays geben.
Knüpfen wir an Breakouts weiter oben an: nach einem dynamischen Ausbruch kann es vorkommen, dass die Aktie so weit läuft, sei es auf der Ober- oder Unterseite, dass es zu Übertreibungen kommt, im übertragenen zu einem „Gummiband-Effekt“: zieht man ein Gummiband weit genug in eine Richtung und lässt dann los, kommt es zu einem scharfen „Zurückschnappen“. Für den geübten, erfahrenen Trader können solche Mean Reversion Plays hochprofitable Handelsgelegenheiten sein.
Auch hierzu wollen wir unser Beispiel von weiter oben, Carvana (CVNA) noch einmal betrachten.
Wir hatten in Bezug auf Short Squeezes schon herausgestellt, dass die Aktie zeitweise die am stärksten geshortete Aktie an der Wallstreet war, wo zeitweise mehr als 50% der umgehenden Stücke von institutionellen Marktteilnehmern, Hedge Funds, usw. Short gehalten waren.
Als sich herauskristallisierte, dass sich die fundamentale Lage in Carvana aufhellt und das Unternehmen eventuell zeitnah doch nicht bankrottgeht, begangen diese „Shorties“ ihre Short-Position einzudecken, resultierend in einer Short Squeeze, die CVNA ausgehend von seinen Jahrestiefs mehr als verdoppeln ließ.
Die Sache ist nun die: solche Eindeckungen laufen über mehrere Tage und im übertragenen Sinne „häppchenweise“, denn: was die Hedge Funds und Co. Kaufen wollen, muss auch erstmal jemand anderes verkaufen wollen.
Und wenn jetzt, wie im Falle von CVNA rund 100 Millionen Aktien umgehen, von denen 50%, also 50 Millionen Aktien Short sind und pro Tag durchschnittlich 6, 7 Millionen Aktie gehandelt werden, dann brauchst du „theoretisch“ rund 10 Tage um deine Short-Position einzudecken, eher deutlich länger, denn deine Not ist im übertragenen offen einsehbar, beispielsweise über Webseiten wie Finviz oder auch ausgehend vom Umstand, dass die FINRA (kurz für Financial Industry Regulatory Authority), als Genehmigungsbehörde in den USA hauptsächlich verantwortlich für die Beaufsichtigung von Personen, die in der Wertpapierbranche involviert sind, monatlich Berichte veröffentlicht, eingesammelt von FINRA-Mitgliedsfirmen (z.B. Brokern), die für Transparenz unter Anlegern sorgen soll und Auskunft über bspw. das sogenannte Short Interest in einer Aktie gibt.
„Shorties“ brauchen demnach Liquidität und diese finden sie zu bestimmten Handelszeiten, bspw. zur Eröffnung und zum Schluss eines Börsentages oder an einem Tag folgend auf ein wichtiges News Event wie zum Beispiel Quartalszahlen.
Nun kommen wir zur Mean Reversion Überlegung: solch eine Short Squeeze ist offensichtlich kein wirklich nachhaltiger, fundamentaler Grund für einen starken Anstieg in einer Aktie, sondern viel mehr aus der Not eindecken zu müssen, geboren. Sobald diese Not abebbt und im übertragenen Sinne die Nachfrage in die Aktie wegbricht, kann es zu einem regelrechten Kurssturz in der Aktie kommen – das Umfeld, auf welches wir im Falle eines Mean Reversion Plays spekulieren.
Meiner Beobachtung nach, zeichnet sich nach einem Quartalsbericht z.B. bereits vorbörslich ab, ob die Aktie sich für ein Mean Reversion Play anbietet, bspw. durch ein erhöhtes, vorbörsliches Volumen (größer 10% des durchschnittlich gehandelten, täglichen Volumens in der Aktie), eine erste, steile Kursentwicklung und dann das Ausbilden tieferer Hochs.
Zur Eröffnung gibt es eventuell noch einen finalen „Spritzer“ aufwärts, der aber zügig abverkauft wird, die Aktie hält unter VWAP und mit Bruch unter die vorbörslichen Tiefs und halten unterhalb ist dann der Beginn für ein „Mean Reversion“ Play bzw. „Intraday Short“ im übertragenen Sinne geebnet:
Damit wollen wir es an dieser Stelle in Bezug auf Strategien für das Aktien Daytrading zunächst einmal bewenden lassen.
Die vorgestellten Strategien sind nichts anderes als Richtlinien, wenn Du so möchtest Ausgangspunkte für dein Trading ausgehend von wo Du dir diese Strategien dann ausgehend von deiner Persönlichkeit und deinen kognitiven Stärken und Präferenzen zu eigen machen kannst.
Beschließen wollen wir diesen Artikel mit einigen Fragen, die dir eventuell im Laufe der Zeit gekommen sein mögen.
Fragen und Antworten
Mit wieviel Geld sollte ich beginnen Aktien zu handeln?
Eine tatsächlich sehr individuelle Frage, auf die es keine konkrete Antwort gibt. Zum einen gibt es Broker, die Mindesteinzahlungsanforderungen haben.
Durch das Angebot von sogenannten „Fractional Shares“ ist es allerdings möglich mit relativ kleinen Beträgen zu starten.
Mit dem Aufkommen von Teilaktien ist es nun jedoch möglich, mit einem kleinen Geldbetrag in den Handel einzusteigen und schon recht professionell im Bereich Risiko- und Money Management agieren zu können.
Im Großen und Ganzen hört man sehr häufig, dass man, nur sehr klein mit dem Live-Handel beginnen sollte, eventuell gar erst mit einem Demo-Konto (schaue dir hierzu auch mein YouTube-Video-Tutorial "Dein Start ins Trading: erst Demo oder gleich Live?" an):
Und ich persönlich bin ein großer Freund vom Demo-Trading oder auch vom Start „mit kleinem Geld“, da das dramatisch die Chance erhöht, dass man sich in seiner persönlichen Komfortzone bewegt und sich weniger von monetären Schwankungen beeinflussen lässt und sich viel mehr auf die saubere Trade-Ausführung konzentriert.
Aber hinsichtlich des Lern-Effekts ist Demo-Trading, aber auch das Handeln mit einem sehr kleinen Handelskonto nicht unbedingt und uneingeschränkt zu empfehlen, denn: es geht eben um nichts oder nur um wenig – jedenfalls dann, wenn man es „professionell“ angeht.
In der Psychologie gibt es hier das sogenannte Yerkes-Dodson-Modell, welches erklärt, wo hier das Problem entsteht:
Yerkes-Dodson beschreibt das Leistungsniveau eines Menschen in Abhängigkeit vom Erregungsniveau.
Die resultierende Kurve hat ihren Hochpunkt in der Mitte zwischen Langeweile und Angst.
Das hört sich komplizierter an, als es ist: wenn mir etwas leicht und intuitiv von der Hand geht (z.B. Schuhe binden), dann wird das nach mehreren Malen tun, langweilig.
Gehen wir dazu davon aus, dass die Aufgabe darin besteht, die Schuhe 50 Mal zu binden.
Ich habe das zwar selbst noch nicht getestet, aber ich vermute, nach dem 20ten Mal würde es nervig werden.
Sehr wahrscheinlich würde ich die Konzentration bzw. Motivation verlieren, es würden sich Fehler einschleichen, ich müsste vermutlich diverse Male noch einmal neu zum Binden ansetzen und einen Knoten fabrizieren, den ich dann erstmal wieder „auseinander klamüsern müsste“.
Aufs Trading angewendet ist das unser Demo-Modus oder unser „Kleiner-Live-Modus“, sprich: nach einigen Trades wird es langweilig und ich habe nicht selten von angehenden Tradern Aussprüche gehört wie:
„Können wir jetzt mal loslegen, da soll sich auch mal was im Konto bewegen…“
Wenn man dann für etwas “Volatilität in der Kapitalkurve” sorgt und blöderweise einen oder mehrere Verlust-Trades in seinem kleinen Handelskonto erleidet, dann kommt es zu einem Problem.
Das Problem resultiert hier nicht nur aus dem Umstand, dass eine, in Relation zum kleinen Handelskonto eingegangene Position im Fall eines natürlich auftretenden Verlusts ein derart großes (prozentuales) Loch ins Handelskonto reißt.
Nein, das Problem entsteht an jener Stelle, wo sich der unerfahrene Trader vor der Mammut-Aufgabe stehen sieht, diesen Verlust wieder aufzuholen (außer natürlich, man wacht in einem „Harakiri-Trade“ auf der richtigen Seite der Varianz auf und hat Glück…)
Gehen wir hierzu mal rein hypothetisch von einem Verlust von 100 Euro in einem 500 Euro Konto aus.
Monetär spielt das keine Rolle oder zumindest nur eine kleine, denn: 100 Euro mehr oder weniger tun in den seltensten Fällen weh.
Aber mental ist der Verlust tatsächlich sehr schlimm, denn er frustriert und es wird ein Neurotransmitter namens „Kortisol“ ausgeschüttet.
Bei Kortisol handelt es sich um „Stress-Hormon“, welches dazu führt, dass sich der Trader „ermattet“, „niedergeschlagen“, ja regelrecht depressiv werden oder bereits sein kann.
Das scheint jetzt im ersten Moment übertrieben, ist aber nicht zu unterschätzen, erfahrungsgemäß eher die Regel, als die Ausnahme (lese hierzu auch den Blog-Artikel "Die Biochemie des Tradings").
Was wir eher anstreben sollten ist, die Ausschüttung von „Glückshormonen“ wie Serotonin und Dopamin.
Diese Hormone fungieren als eine Art „Lernturbo“, sind eine Art „Dünger“ in Bezug aufs Wachstum neuronaler Verknüpfungen und unterstützen den Lernprozess im Allgemeinen ganz maßgeblich.
Worauf ich hier hinaus will: kleine, von Erfolg geprägte und Freude bringende Schritte in unserem Trading, frei von Angst und Stress führen zu Freude und Lust nach mehr.
Durch diese Freude und Lust am Lernen, was diszipliniertes, geduldiges und schlussendlich erfolgreiches Trading ausmacht, kann unser Gehirn neuronale Verknüpfungen besser und schneller aufbauen.
Wenn ich nun allerdings durch einen (in Relation prozentual zu meinem kleinen Handelskonto) zu großen und nahezu unmöglich wieder aufholenden Verlust frustriert bin und mich einer sehr anstrengenden und meine ganze Konzentration, Kraft und Aufmerksamkeit fordernden Aufgabe gegenüber sehe, es zudem um "nichts" oder "nur 100 Euro" geht, dann...
Ja, dann kann und wird der Handel eines 500 Euro-Kontos mehr Schaden als Nutzen für meine Karriere als Trader anrichten.
Also: mein Ziel ist es, dass ich mich genau in der Mitte zwischen Langeweile und Angst wiederfinde, der sogenannten „Zone“.
In dieser "Mitte" oder auch "Zone" verspüre ich einerseits einen Nervenkitzel bei meinem Trading, andererseits habe ich aber auch keine Angst zu verlieren.
Und selbst wenn ich mal einen natürlichen Verlust-Trade zu verkraften habe, bleibe ich motiviert und bin darum bemüht auch weitere Fortschritte in meinem Trading zu machen.
Und wie groß soll nun ein erstes Handelskonto sein?
Lange Rede, kurzer Sinn: ich würde vermutlich mit einem kleinen Live-Konto beginnen, würde diesen aber nicht pauschal mit der Mindestkontoeinlage von 500 Euro „zum Testen“ beziffern.
Stattdessen würde ich für mich selbst einen Betrag definieren und herausfinden, wo genau dieses Gleichgewicht zwischen Langeweile und Angst bei mir persönlich gegeben ist.
Das Ganze garniere ich mit einer Risiko-/Money Management-Daumenregel, wonach ich pro Trade maximal 1% meines Handelskontos riskieren sollte und mir somit „Spielraum für Fehler“ eingestehe und beginne dann von dort.
Konkretes Beispiel:
20 – 30 Euro pro Tag könnte ich einerseits zwar als Verlust verkraften, auf der Kehrseite würde mich das aber schon „kitzeln“, wenn ich diesen Betrag verlieren würde
Dann teile ich 25 Euro durch 1% Risiko pro Trade und erhalte 2.500 Euro als „Test-Konto-Betrag“.
Kann ich vom Aktien Daytrading leben?
Kurz und knapp: ja, natürlich! Und man kann vom Aktien Daytrading sehr gut leben.
Aber es ist der härteste Job der Welt. Dieser erfordert ein erhebliches Maß an Wissen, Erfahrung und harter Arbeit sowie eine gut erprobte Strategie.
Und selbst dann ist Trading generell und somit auch Aktien Daytrading mit erheblichen Risiken verbunden, die nicht für jeden Anleger geeignet sind, genau wie die hierzu genutzten Finanzprodukte.
Wie wird Aktien Daytrading steuerlich gehandhabt?
Ich bin kein Steuerberater und kann diesbezüglich keine Auskunft geben, nur so viel sagen, dass Gewinne aus dem Aktienhandel in der Regel der Kapitalertragssteuer unterliegen.
Solltest Du statt reiner Aktien zum Beispiel auch Aktien-CFDs handeln, kann die steuerlicher Behandlung anders aussehen und ich würde Dir grundsätzlich empfehlen mit deinem Steuerberater näher zu sprechen, falls Du planst aktives (Aktien-)Daytrading zu betreiben.
Welche häufigen Fehler solltest Du beim Aktien Daytrading vermeiden?
Im Laufe meiner Jahre an den Finanzmärkten und hier im Bereich Trading habe ich einige Fehler selbst gemacht und andere Trader machen sehen, die hier ausufern würden.
Nach einiger Bedenkzeit würde ich sagen, dass es wohl zwei Fehler sind, die herausstechen, einer, den Anfänger machen und ein anderer, der von erfahrenen Tradern gemacht wird.
Ein großer Fehler den Anfänger machen ist mit Geld zu handeln, dessen Verlust sie sich nicht leisten können. Trading ist eine mental sehr belastende Profession und wir können zusätzlichen Druck bspw. in Form von „Ich muss gewinnen“ absolut nicht brauchen. Tatsächlich müssen wir uns Raum und Zeit geben, Fehler zu machen und aus diesen lernen zu können.
Fortgeschrittene Trader hören dann früher oder später auf, besser werden zu wollen, sich weiterzuentwickeln – das ist ein großer Fehler, denn auch der Markt entwickelt sich fortwährend weiter und verändert sich – und unser Job als Trader ist es sich darauf einzustellen und uns weiterzuentwickeln.
Phil Knight, der Gründer von Nike, sagte einmal: „'Life is growth. You grow or you die.'“ also übersetzt: „Leben ist Wachstum. Du wächst oder Du stirbst.“
Da ich Trading als perfektes Sinnbild des Lebens erachte, würde ich das Zitat für uns Trader legitim angepasst sehen mit:
„Trading ist Wachstum. Du wächst oder Du stirbst.“
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