Mit dem "Neuen Markt" strebten vor rund 20 Jahren in den Bereich des Online-Brokerage, die sogenannten Discount-Broker.
Diese boten, anders als die klassische Bankfiliale, das Trading via Internet wesentlich günstiger und in Eigenregie an.
Der Kunde verzichtet seither im Großteil der Fälle auf eine Anlageberatung, analysiert und handelt in Eigenregie.
Neo-Broker, die seit rund drei Jahren eine zunehmende Aufmerksamkeit erfahren, gehen nun noch einen Schritt weiter, verzichten bei ihrem Trading-Angebot sogar auf das „Desktop“- bzw. „Laptop“-Trading und bieten für den Handel mobile Apps, die über das Smartphone angesteuert werden.
Ausgehend hiervon eine erste Frage:
Sind Neo-Broker für aktive Trader somit eine Option?
Meine persönliche Meinung ist: „Nein“.
Mobile Apps, die man über sein Smartphone ansteuert sind sicherlich eine tolle Erfindung und ich nutze sie in kleinem Maße auch in meinem Trading.
Um sich das bildlich vorzustellen: wenn ich nachmittags meine Kinder vom Kindergarten abhole und, wie in den meisten Fällen, offene Positionen habe, dann checke ich kurz, wie die US-Märkte rein gekommen sind, ob es in irgendeiner Form nötig ist, Positionen bzw. Stopps anzupassen.
Das kommt allerdings in den seltensten Fällen vor.
Oder morgens, wenn ich die Kinder zum Kindergarten gebracht habe, dann checke ich kurz über die App, ob meine Algos alle wie gewohnt funktionieren, die Positionen eröffnet haben.
Aber „Trading“, also die Aufgabe von Orders, diskretionäres Trading, also das Eingehen einer Position mit Stopp- und Limit-Eingabe, Analyse ineinandergreifender Zeitebenen, usw., das machst du als Profi, wenn du manuell agierst, grundsätzlich im Büro über den Laptop bzw. Desktop-PC.
Ausgehend hiervon bin ich in Bezug auf das aktuell vorherrschende Marketing mit dem „Mobile App“-Fokus diverser (Neo-)Broker sehr reserviert.
Jetzt sind es nicht mehr die diversen Trading-Guru-Coaches auf Facebook, die einem unendlichen Reichtum mit ihren „Trading am Strand“-Ads suggerieren.
Nein, jetzt sitzt eine junge, attraktive Dame in einer Berliner S-Bahn und philosophiert darüber, wie sie dank ihrer Mobile App von wirklich überall auf der Welt jederzeit handeln kann.
Aber mit professionellem Trading hat das nichts zu tun: hierzu brauchst du einen Desktop-PC, ein entsprechend stabiles Internet, Zugang zu professionellen Trading- und Research-Plattformen, usw.
Neo-Broker nicht selten Long-only-Broker
Neo-Broker eignen sich für aktive Trader aus einem weiteren Grund nur bedingt: aktive Trader handeln sämtliche Handelsinstrumente und somit auch Aktien sowohl Long, als auch Short.
Neo-Broker bieten nicht selten ausschließlich Aktien- und ETF-Trading und hier dann für Privatanleger bzw. private Trader nur den Handel von der Long-Seite an.
Das ist für einen aktiven und verschiedene Handelsstrategien umsetzenden Trader natürlich eine enorme Eingrenzung in seinen Möglichkeiten.
Wenn man das etwas plumper zusammenfasst, könnte man sagen: der Trader hat nur die Hälfte der Möglichkeiten verfügbar, die sich eventuell profitabel handeln lassen.
Heißt das nun, dass Neo-Broker für Trader komplett ungeeignet sind?
Keineswegs. Für längerfristig orientierte Trader, die einen niedrig frequenten Handel verfolgen und in Bezug auf ihre Analyse, aber auch in Bezug auf die Orderaufgabe keine hohen Ansprüche besitzen, können mit den sehr kostengünstigen Neo-Brokern durchaus eine attraktive und sehr kostengünstige Alternative zu den bekannten Discount-Brokern finden.
Beim Handel mit Neo-Brokern fallen meist keine Ordergebühren an, was eine sehr attraktive Alternative zu Discount-Brokern sein kann.
Das bringt uns zu einer interessanten Frage:
Wie verdienen Neo-Broker Geld?
Wer Neo-Broker etwas genauer beleuchtet dem fällt auf, dass diese nicht selten nur wenige Börsenplatze anbieten.
Tatsächlich findet der Handel nicht an den klassischen Börsenplätzen wie XETRA, NYSE oder NASDAQ statt.
Eher ist es so, dass das Trading mit angeschlossenen, außerbörslichen Partnern stattfindet.
Der Gegenpart zur Order des Traders ist also ein Market-Maker, der ganz besonders im „nachbörslichen“ Handel (z.B. im Falle von XETRA also nach 17:30 Uhr) nicht selten breitere Spreads ausgehend von entsprechenden Aufschlägen auf die Geld- und Briefkurse stellt.
Und genau über dieses Mark Up verdient der außerbörsliche Gegenpart Geld und beteiligt den Neo-Broker dann über einen sogenannten „Kickback“.
Zudem ist besonders im englischsprachigen im Zusammenhang mit Neo-Brokern jüngst häufig der Begriff „Hochfrequenzhandel“ gefallen.
Damit hat es folgendes auf sich:
Spätestens seit dem Buch „Flash Boys“ von Michael Lewis aus dem Jahr 2015 wurde ja ein sehr skeptisches Licht auf die Geschäftspraktiken von Hochfrequenzhändlern und die diese betreibenden Hedge Funds wie z.B. Citadel oder Virtu Financial geworfen.
Wir wollen an dieser Stelle nun nicht zu tief in die Materie einsteigen und mit „Latency Arbitrage“ oder „Momentum Ignition“ beginnen, wer sich zu diversen HFT-Strategien einlesen möchte, der schaue sich einfach mal diesen Blog-Artikel an.
Stattdessen halten wir es einfach: die Kunden eines Neo-Brokers haben ein erhöhtes Interesse an Aktie xyz.
Dieses Interesse spiegelt sich in entsprechend aufgegebenen Orders beim Neo-Broker wider.
Diese Information wird vom Neo-Broker nun gegen eine kleine Gebühr an den Hochfrequenz Hedge Fund verkauft, der dann profitabel gegen die Order des Neo-Broker-Kunden handelt.
Das hört sich aber dramatischer an, als es ist: wir sprechen hier von Kleinst-Beträgen (Komma-Cent-Beträge) die sich selbst beim aktiven Trader kaum bemerkbar machen, in Summe und ausgehend von der hohen Frequenz der Algorithmen sich bei diesen aber in substantiellen Gewinnen zeigen.
Heißt das, ich finde das gut? Nein!
Aber ich habe mich damit abgefunden (tatsächlich weiß man das bereits mindestens seit 2018, wenn man Lewis‘ Buch gelesen hat, seit 2015) und in Bezug auf mein Trading habe ich keine, die Profitabilität negativ beeinflussenden Auswirkungen feststellen können.
Sollte sich das ändern, so wäre es an mir, dass beim Broker zu adressieren und gegebenenfalls den Broker zu wechseln.
Aber: wenn der Broker Geld verdient, zudem der Trader Geld verdient, am anderen Ende auch ein Hochfrequenzhändler seinen Schnitt macht, dann haben alle gewonnen – zumindest jene, mit einer profitablen Handelsstrategie.
Grundsätzlich muss man sich in diesem Zusammenhang meiner Meinung immer folgendes vor Augen führen:
wir haben heute als Trader die Möglichkeit nahezu jeden beliebigen Markt zu handeln - und das zu wirklich konkurrenzfähigsten Konditionen, jederzeit von überall auf der Welt.
Anfang der 80ziger Jahre war das noch anders: da hast du nicht nur keine Echtzeitkurse gehabt oder eine Handelsplattform oder auch die Echtzeit-Information, ob du für deinen Trade eine Ausführung erhalten hast.
Du hast zudem über 200, 250 USD Roundturn Ordergebühren bei deinem Broker bezahlt – für einen Lot Dow Jones, S&P, Gold, etc.
Ausgehend hiervon einen Cent mehr zu zahlen, vorausgesetzt, es beeinflusst nicht die übergeordnete Profitabilität des Tradings, scheint dort vertretbar.
Fazit
Neo-Broker können eine interessante Alternative für längerfristig orientierte Trader, die besonders Aktien und ETFs und hier ausschließlich die Long-Seite handeln, sein
Aktive Trader sollten sich eher nach einem Broker umschauen, der nicht nur günstige Konditionen bzw. Trading ohne Ordergebühren anbietet, sondern ergänzend auch CFD-Trading, sodass bspw. Aktien unkompliziert „geshortet“ werden können
Zudem sollten aktive Trader auf entsprechende Service-Leistungen wie eine direkte telefonische Anbindung zum Broker oder entsprechende, professionelle Handelswerkzeuge/-plattformen achten
Ausgehend von verschiedenen Lern-Typen, findet sich dieser Blog-Artikel im Folgenden übrigens auch noch einmal als Podcast gemeinsam mit Admiral Markets:
Admiral Markets ist ein solcher Broker, der für aktive Trader ausgehend von seinen sehr günstigen Kommissionen und engen Spreads auch die schnelle, wichtige Orderausführungsqualität interessant ist.
Ergänzend hierzu bietet Admiral Markets professionelle Handelsplattform-Lösungen und einen deutschsprachigen Kunden-Support mit Sitz in einem Berliner Büro an.
Zum Testen kann man ein Demo-Konto HIER herunterladen.
Dir hat der Artikel gefallen? Lass es den Autor wissen! Sende hierzu eine Mail an jklatt@jk-trading.com
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