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Gold bald bei 10.000 USD? Was spricht dafür?

Aktualisiert: 12. Aug. 2020


Die jüngsten Entwicklungen am Ölmarkt haben im Mai-Kontrakt des WTI-Rohöl-Futures kurz vor Verfall am 20. April zu negativen Notierungen geführt.

Den Haupttreiber für diese Entwicklung hatte ich in einem speziellen Blog-ArtikelMai-WTI geschenkt und 40 USD pro Barrel on top – Juni-WTI vor erneutem Ausverkauf?“ aufgegriffen und erklärt, es sich im Kern darum handelt, dass die Lagerung des in Unmengen in den globalen Wirtschaftskreislauf gepumpten, aber durch den wirtschaftlichen Lockdown durch das Coronavirus vom Markt nicht abgenommenen, Öls nicht mehr möglich ist.

Ich schrieb zudem, dass es in der Tat sehr optimistisch sein dürfte zu denken, dass sich die angespannte Situation hier nach Ablauf des Juni-Kontrakts am 19. Mai 2020 anders darstellt.

Das führe ich hauptsächlich auf die noch immer sehr düsteren globalen Konjunkturaussichten zurück und die daraus resultierende, natürlich mangelnde Nachfrage.

Der durch die zu erwartende, globale Rezession dürfte darüberhinausgehend noch eine weitere Entwicklung befeuern: der massive geldpolitische Stimulus seitens der US-Notenbank FED, bei zeitgleich massiv defizitärer US-Haushaltspolitik seitens der US-Regierung wird mehr und mehr am Weltreservewährungsstatus des US-Dollars rütteln.

Und das wird folgerichtig zu einer verstärkten Nachfrage nach physischem Gold, der geheimen Reservewährung seit Jahrhunderten, führen.

Das Problem mit der Entkopplung des Papier- und physischen Goldmarktes

Nun kommen wir zum Kern des Blog-Artikels: im Großen und Ganzen stellt sich die Situation am Papier-Goldmarkt sehr ähnlich zu jener im Ölmarkt dar.

Der Hauptunterschied besteht darin, dass wir im Falle von Öl von einem „Lagerkapazitätsengpass“ sprechen (keine Nachfrage, enormes Angebot), während wir bei Gold von einem „Angebotsproblem“ sprechen.

Im Blog-Artikel „Mai-WTI geschenkt und 40 USD pro Barrel on top – Juni-WTI vor erneutem Ausverkauf?“ hatten wir herausgestellt, dass es sich beim WTI-Rohöl-Futures-Kontrakt grundsätzlich um ein Warentermin- bzw. physisches Geschäft handelt.

Ausgehend hiervon hat ein Trader, der Long ist nach Ablauf des Kontrakts ein Recht auf physische Lieferung bzw. die Gegenpartei muss physisch liefern.


Kommen wir zu Gold: auch hier handelt es sich um ein Warentermingeschäft, auch hier besteht die Verpflichtung zum physischen Ausgleich nach Ablauf des jeweiligen Kontraktes und sollte es nicht zum „Rollover“ in den Folgemonat gekommen sein.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Welt, der Sorgen um die globale Konjunktur, steigt auf breiter Front die Volatilität und damit die Unsicherheit unter den Marktteilnehmern, rückt schnell Gold als "klassisch sicherer Hafen" in den Fokus.

In Zeiten, insbesondere in Zeiten, in denen der Reservewährungsstatus des US-Dollars in Frage steht (was bisher nur äußerst selten, wenn überhaupt der Fall war), steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Gold-Futures über den Verfall gehalten, nicht gerollt, werden und eine physische Lieferung über die COMEX erfolgt.

Nun haben wir bereits massive Schwankungen im Papier-Goldmarkt über den Monat März zu sehen bekommen, sich zeigend in einer stark ausdehnenden Basis zwischen Papier- und Spot-Markt.

Der Hauptgrund hierfür ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass mehrere Goldraffinerien, Minen und Münzstätten durch die Coronavirus-Pandemie vorläufig schließen mussten und folgerichtig die weltweite Nachfrage nach physischem Gold das derzeitige Goldangebot überstieg.

Das bedeutet also ganz konkret: die Gefahr eines geringen, physischen Goldangebots, was einer übermäßig großen Nachfrage gegenübersteht ist derzeit sehr real.

Und es zeigen sich bereits erste Spannungen, die Gold-Trader wahrnehmen, blicken hierzu noch einmal auf die Entwicklungen am 20. April, nur dieses Mal am Gold-Markt: hier überstieg die physisch auszuliefernde Goldmenge an der COMEX mit 3.000.000 Unzen die übliche Nachfrage um das Dreifache.

Und während nun der parabolische Kursverfall im WTI Mai Oil Future hauptsächlich darauf zurückzuführen war, dass im Orderbuch keine Geldseiten vorhanden waren, könnten wir in Bezug auf Gold zeitnah ausbleibende Brief-Seiten zu sehen bekommen.

Der ausbleibende Wille zu verkaufen ließe sich darin finden, dass niemand mehr bereit ist war, die Gegenseite eines Gold-Käufers einzunehmen, da der Verkäufer nicht garantieren könnte, dass er bei Fälligkeit auf physisches Gold liefern könnte.


Das Resultat? Das genaue Gegenteil von dem, was wir am Montag an der NYMEX am Ölmarkt zu sehen bekommen haben, nur auf der Oberseite: ein parabolischer Gold-Kursanstieg.

Grundsätzlich ist zwar sehr schwer zu sagen, ob es zu dieser skizzierten Entwicklung im Gold-Papiermarkt tatsächlich kommen wird.

Aber ausschließen sollte man ein solches Szenario, welches Papier-Gold deutlich über 5.000 USD, eventuell gar bis 10.000 USD pro Feinunze treiben könnte, nicht.

Warum? Gegenfrage: wer hätte sich vorstellen können, dass wir jemals negative Ölpreise in einem beliebigen Liefermonat zu sehen bekommen?

Für Gold-Trader gilt daher: Long-Engagements sind aus Chance-Risiko-Verhältnis-technischer Perspektive derzeit klar zu bevorzugen, Short-Engagements sollten nur unter aller größter Vorsicht eingegangen werden.

Der Grund: sollte das skizzierte Szenario derart eintreten und es zu einer solchen Squeeze-Bewegung kommen, wird es sehr schwer, eventuell nur zu sehr ungünstigen Quotierungen möglich sein jemanden zu finden, der dir deine Gold-Short-Position abnehmen wird.


Dir hat der Artikel gefallen? Lass es den Autor wissen! Sende hierzu eine Mail an jklatt@jk-trading.com

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