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Mai-WTI geschenkt und 40 USD pro Barrel on top – Juni-WTI vor erneutem Ausverkauf?


Die Entwicklungen am Montag am Ölmarkt dürften in die Geschichte eingehen: der Mai-Kontrakt des WTI-Rohöl-Futures fiel tief in den negativen Bereich und wurde am Abend bei -37.63 USD pro Barrel abgerechnet, entsprechend einem Rückgang von 55.90 USD oder 305.97%.

Was auf den ersten Blick bizarr erscheint, wird klarer, wenn man hinter die Kulissen blickt und sich die Gegebenheiten am physischen Ölmärkt betrachtet. Und genau das wollen wir in diesem Blog-Artikel tun.

Vorwegnehmend lautet die Kurzfassung: derzeit sehen sich die globalen Öl-Märkte dem Problem gegenüber, dass die Lagerung des in Unmengen in den globalen Wirtschaftskreislauf gepumpten, aber durch den wirtschaftlichen Lockdown durch das Coronavirus vom Markt nicht abgenommenen, Öls nicht mehr möglich ist.

Und in der Tat ist es meiner Meinung nach sehr optimistisch zu denken, dass sich die angespannte Situation hier nach Ablauf des Juni-Kontrakts am 19. Mai 2020 anders darstellt.

Aber der Reihe nach, zunächst die Frage:

Wie können Ölpreise negativ werden?

Hierzu müssen wir einen Blick auf den Futures-Markt oder auch eine Begrifflichkeit namens „Contango“ werfen.

Zunächst einmal: im Future-Bereich werden im übertragenen Sinne Verträge zwischen Marktteilnehmern geschlossen.

Diese Verträge bezeichnet man zumeist als „Kontrakte“, die beteiligten Parteien bzw. Marktteilnehmer auch als Kontrahenten.

Kontrakte beinhalten im Falle eines Warentermingeschäfts (rechtlich wird zwischen Wertpapierbörse und Warenbörse unterschieden, während das im weiteren Verlauf dieses Blog-Artikels thematisierte WTI Oil an einer Warenterminbörse (NYMEX) gehandelt wird) mengen- und qualitätsmäßig standardisierte Einheiten, sprich:

wird zwischen Kontrahenten ein Trade getätigt, erfolgt noch keine gegenseitige Erfüllung, sondern die Abwicklung findet erst zu einem bestimmten Termin in der Zukunft statt (daher auch „Future“).


Das getätigte Geschäft ist hierbei standardisiert, sowohl mengenmäßig (1 Barrel entspricht 157 Liter, wobei 1 Lot WTI Crude Oil 1.000 Barrel entspricht), als auch qualitätsmäßig (Öl der Sorte „Western Texas Intermediate“ (WTI)).

Das bedeutet also: es handelt sich beim WTI-Rohöl-Futures-Kontrakt grundsätzlich um ein Warentermin- bzw. physisches Geschäft.

Und während nur ein kleiner Teil der getätigten Geschäfte auch tatsächlich physisch „gesettlet“ werden, so ist nach Ablauf des jeweiligen Kontrakts eine physische Lieferung vereinbart.

In der Tat wird vielen dieser Zusammenhang gar nicht wirklich bewusst sein.



Im Falle eines CFD-WTI-Trades ist selbst am Ende der Kontraktlaufzeit, sofern es eine solche überhaupt gibt, keine physische Lieferung vorgesehen, es kommt zu einem reinen „Barausgleich“ in Form von Cash auf dem Handelskonto.

Die Formulierung „sofern es eine solche überhaupt gibt“ ist übrigens kein Zufall: CFD-Broker bieten nicht selten fortlaufende Kontrakte, sogenannte „Continous Contracts“ an (z.B. Admiral Markets, eine Demo kann man sich HIER runterladen).

Solch ein fortlaufender Kontrakt, der kein Verfallstermin hat, setzt sich zumeist aus den Kursen der beiden nächsten Kontraktmonate zusammen.

Der Vorteil ist hierbei, dass es möglich wird, auch längerfristige Trades in WTI bzw. Öl einzugehen, ausgehend von welcher Motivation auch immer.

An dieser Stelle betreten wir nun die Welt des „abstrakten Öls“: im Falle eines CFDs, aber auch im Falle eines Futures handelt es sich um ein Derivat, welches den Preis des zugrunde liegenden Vermögenswerts abbildet.

Im Falle eines WTI-CFDs bedeutet das: steigt der WTI-Preis, steigt auch der Wert unseres CFDs und vice versa.

Im Falle des WTI-Öl-Futures schaut es hier etwas anders aus: möchtest du hier eine längerfristige Spekulation über den monatlichen Verfallstermin hinaus eingehen, musst du, damit du die gekaufte Position nach Verfall nicht physisch geliefert bekommst, deinen Trade in den nächsten Kontrakt „rollen“.

Hier kommt das sogenannte „Contango“ ins Spiel: Contango beschreibt im Falle von Warentermingeschäften eine Situation, wonach der Preis für Lieferung in der Zukunft (Terminkurs) über dem aktuellen Spot-Preis liegt.

Im übertragenen Sinne kann man Contango als den Preisaufschlag verstehen, den ein Spekulant bereit ist zu zahlen, statt die Kosten für Lagerung, Transport, etc. für den Kauf der Ware heute bereit ist zu bezahlen.

Nach längerer Einführung kommen wir nun zu den Entwicklungen am Montag:

Spekulanten, die den WTI Crude Oil Future Long waren, die am 21. April ausliefen und nun ihre Position nun in den nächsten Kontrakt haben „rollen“ wollen, da sie keinen Lagerplatz für ihr sonst physisch ausgeliefertes in Cushing, Oklahoma, gebucht hatten (wo das physische Settlement des Future-Kontrakts stattfindet), sahen sich hierzu nicht in der Lage.

Es gab nämlich schlicht niemanden, der die Position und damit einhergehende Lieferung bereit war zu akzeptieren, schlicht, weil er selbst keine Lagerkapazitäten für das physisch gelieferte Öl gehabt hätte.

Und genau so kam es, dass der Preis für den am 21.04.2020 auslaufenden WTI-Mai-Kontrakt negativ werden konnte: wer seine Long-Position los werden wollte, musste nicht nur sein Fass Öl verschenken, sondern pro Fass in der Spitze auch noch einmal 40 USD pro Fass oben drauf legen.

Das Problem mit fehlender Öl-Lagerkapazitäten

Was ich persönlich neben dem negativen Ölpreis äußerst interessant finde ist nun, dass zeitgleich der am 19. Mai auslaufende WTI-Juni-Kontrakt über 20 USD pro Barrel gehandelt wurde.

Ich finde das insofern bemerkenswert, als dass es doch sehr wahrscheinlich scheint, dass sich die Situation rund um mangelnde Lagerkapazitäten für physisches Öl, welches in Cushing, Oklahoma untergebracht würde, innerhalb der kommenden 30 Tage kaum signifikant ändern dürfte.

Das führe ich hauptsächlich auf die noch immer sehr düsteren düsteren, globalen Konjunkturaussichten zurück.

Da es nur zu einer schrittweisen Rückführung in ein wirtschaftliches Normal kommen wird, gibt es kaum einen Grund davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Öl kurzfristig stärker anzieht und hierdurch Angebot und Nachfrage hierdurch stabilisierend auf den Ölpreis wirkt.

Das bedeutet: zwar dürften die negativen Quotierungen WTI am Montag sicherlich keine realen Marktbedingungen widerspiegeln.

Aber ich sehe eine realistische Chance auf einen ähnlichen Verlauf im WTI-Juni-Kontrakt mit Ziel um 0 USD pro Barrel, sollte es zu keinem signifikanten Anstieg der Nachfrage nach Öl kommen und etwas längerfristig auch steigende Risiken bzgl. geopolitischer Spannungen ganz besonders im Persischen Golf bzw. Nahen Osten und hier in Saudi Arabien wie im Morning Meeting thematisiert:



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