Nachdem wir uns im ersten Artikel der Frage gewidmet haben, was Hochfrequenzhandel überhaupt ist und bereits einen kontroversen Diskussionspunkt mit Blick auf eine Strategie, sogenanntes „Flash Trading“ geworfen haben, soll sich dieser Blogartikel der zweiten Frage widmen:
Welche Strategien setzen Hochfrequenzhändler (sogenannte „Flash Boys“) um?
Die folgende Liste ist nicht erschöpfend, gibt aber einen guten, allgemeinen Überblick über die seitens des Hochfrequenzhandel umgesetzten Strategien:
Rebate Trading
Um Rebate Trading besser zu verstehen, müssen wir zunächst den Begriff „Arbitrage“ einführen.
Bei Arbitrage handelt es sich im allgemeinen um das Ausnutzen von Kursdifferenzen an verschiedenen Handelsplätzen im gleichen Wert (bspw. einer Aktie).
Wenn z.B. an der Börse Düsseldorf die Aktie von VW zu 100 Euro gekauft werden kann und zeitgleich an der Börse Frankfurt zu 101 Euro verkauft werden kann, ist ein risikofreier Profit von 1 Euro realisierbar.
Im Großen und Ganzen hat Arbitrage einen positiven Nutzen für die Finanzmärkte, da Arbitrage zur Steigerung der Markteffizienz insgesamt führt.
Allerdings beschränkt sich der Hochfrequenzhandel nicht nur auf Arbitrage zwecks Ausnutzen von Kursdifferenzen zwischen verschiedenen Handelsplätzen, sondern auch auf das Ausnutzen unterschiedlicher Gebührenstrukturen einzelner Börsenplätze.
Oder etwas konkreter: die meisten Börsen haben mittlerweile ein sogenanntes „Maker-Taker-Modell“ eingeführt, welches im Mittelunkt des Rebate Tradings steht.
„Maker“ sind Marktteilnehmer, die eine Limit-Order platzieren und somit als „Marktmacher“ (Market Maker) zur Attraktivität des Handelsplatzes und in Bezug auf die zur Verfügungstellung von Liquidität fungieren, von der Börse eine Rückvergütung („Rebate“) erhalten.
„Taker“ hingegen, also Marktteilnehmer die dem System Liquidität entziehen (also den Spread bezahlen und zum jeweils angebotenen Geld- oder Briefkurs kaufen/verkaufen), erhalten keine Rückvergütung.
HFTs, die Rebate Trading betreiben, wollen von diesen Rückvergütungen nun profitieren: sie stellen schnell Kauf- und Verkaufs-Limite in das System des jeweiligen Handelsplatzes und werden hierfür von der Börse bzw. dem ECN (Electronic Communication Network) bezahlt.
Wie bereits im ersten Blog-Artikel aufgegriffen, kann dieses Rebate Trading zur Illusion hoher Liquidität führen, die aber nur theoretisch und wenn überhaupt, nur in kleinem Umfang vorhanden ist, für den Großteil der Investoren eher zu steigenden, als zu fallenden Handelskosten führen.
Zudem sei auch auf den, in den letzten Jahren starken Anstieg elektronischer Handelsplätze, besonders in den USA, verwiesen.
Die Hauptmotivation der einzelnen Börsenplatzbetreiber ist hierbei sicherlich, durch das Angebot attraktiver Rückvergütungen für Liquiditätsanbieter (Maker), viele Marktteilnehmer und Handelsaktivität anzuziehen, wobei es auf der Kehrseite eine starke Aufsplitterung/Fragmentierung des Finanzplatzes insgesamt kommt.
Statistical Arbitrage
Eine weitere Strategie des Hochfrequenzhandels ist die sogenannte „Statistical Arbitrage“.
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form der Arbitrage: es geht um das Ausnutzen von Kursdifferenzen verschiedener Instrumente, die in der Regel stark positiv zueinander korreliert sind und wovon, kommt es hier zu Abweichungen, versucht wird diese Differenzen zu seinen Gunsten auszunutzen.
Als einfaches Beispiel stelle man sich Aktien aus einer bestimmten Branche vor, z.B. der Automobil-Branche.
Blicken wir z.B. auf BMW und sehen, dass die Aktie steigt, würden wir in der Mehrzahl der Fälle davon ausgehen, dass auch die Aktie von VW steigen sollte.
Sollte das einmal nicht der Fall sein, versucht ein Statistical Arbitrage-HFT hiervon zu profitieren, verkauft die Aktie, die er ausgehend von historischen Daten als überbewertet erachtet und kauft gleichzeitig die unterbewertete Aktie.
Gehalten wird die Position dann solange, bis das vom Algorithmus berechnete, faire Bewertungsniveau für beide Titel wieder erreicht ist.
In meinem Buch "Der Weg zur profitablen Handelsstrategie – in jedem Markt"stelle ich eine Handelsstrategie bezogen auf WTI und Brent vor, welcher diese Überlegung zugrunde liegt:
Momentum Trading
Dem Momentum Trading bzw. dem Initiieren von Momentum in bspw. eine Aktie durch einen HFT (auch bekannt als Momentum Ignition) haben wir uns im übertragenen Sinne bereits im ersten Artikel gewidmet.
Hier stellten wir heraus, dass HFTs den Markt „anpingen“, auf der Suche nach größeren Kauf- bzw. Verkaufsorders, deren wahrscheinlichste Form der Abwicklung der HFT dann zu seinen Gunsten ausnutzt.
Das bedeutet, dass der HFT-Algorithmus allgemein gesprochen nach vorübergehenden Ungleichgewichten zwischen Angebot und Nachfrage Ausschau hält (oder im Falle des Pingings diese ganz bewusst provoziert), dann von der entstehenden, kurzfristigen Dynamik bis zur Wiederherstellung des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage, versucht zu profitieren.
Zusammenfassung
Im Großen und Ganzen gehen die von Hochfrequenzhändlern genutzten Strategien auf drei übergeordnete Strategien zurück, die auch in Kombination miteinander genutzt werden:
Rebate Trading
Statistical Arbitrage
Momentum Trading
Im nächsten Artikel wollen wir einen Blick uns der vollkommen nachvollziehbaren Frage deinerseits stellen, wie sich der Hochfrequenzhandel auf uns Privatanleger auswirkt und ob es überhaupt noch Sinn macht, gegen diese Übermacht der Maschine zu handeln – und wenn ja, wie.
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