Im vierten Artikel unserer Serie „7 Eigenschaften unprofitabler Trader“ haben wir uns dem Ego-Trading und Rechthaben-wollen gewidmet.
Wie in diesem Artikel geschildert, ist das Ego im Trading ein ständiger Begleiter bzw. „Manipulator“, eine innere Stimme die sich meldet mit unvernünftigen Überlegungen wie „Richtige Trader handeln große Konten mit großen Positionen!“
In meinem Buch „Trader“ habe ich im Abschnitt zum effektiven Hebel geschildert, dass das Überhebeln des Handelskontos einer der Hauptgründe für die Unprofitabilität von Tradern ist, dem Thema des fünften Artikels dieser Serie:
Unprofitable Trader tendieren zu große Positionen mit zu großen Risiken einzugehen
Um sich dieser Eigenschaft unprofitabler Trader zu nähern, wollen wir ein hypothetisches Beispiel betrachten.
Gehen wir davon aus, dass du für dich bereits eine nachweislich profitable Handelsstrategie formuliert hast und diese mit einem für deine finanziellen Verhältnisse angemessen großen Konto handelst.
Gehen wir weiter davon aus, dass du einem klassischen Angestelltenverhältnis nachgehst, am Monatsende 3.000 Euro netto nach Hause bringst.
Nun erbst du von einem entfernten Onkel 300.000 Euro.
Du entscheidest dich, dieses Geld in Zukunft als dein Trading-Kapital zu verwenden und deine erwiesen profitable Handelsstrategie (bspw. Intraday-Handelsansatz im DAX zur morgendlichen Markteröffnung) zu handeln und hier ein Risiko von 1% pro Trade eingehst, was 3.000 Euro entspricht.
Die Festlegung der zu handelnden Handelsspanne erfolgt zwischen 08:00 und 09:05 Uhr,
um 09:06 Uhr formulierst du dein regelbasiertes Setup.
Gehen wir nun davon aus, dass das initiale Risiko 30 Punkte beträgt. Ausgehend von unseren 3.000 Euro Risiko pro Trade, gehen wir also eine Position mit 100 Euro pro Punkt Gegenwert ein.
Unser Gewinnmitnahmelevel soll im Verhältnis 2 zu 1 vom Einstieg platziert werden, unsere Chance beträgt somit 6.000 Euro.
Um 09:10 Uhr wird dein Trade eingestoppt, um 09:20 wird der Trade ausgestoppt.
Deine Gewinn-/Verlust-Anzeige deiner Handelsplattform zeigt einen Verlust von 3.000 Euro.
Frage: wie wirst du dich wahrscheinlich fühlen? Immerhin hast du gerade innerhalb von 10 Minuten einen ganzen Monatslohn verloren....
Nehmen wir das umgekehrte Beispiel: dein Trade wird regelkonform um 09:10 Uhr eingestoppt.
Um 09:20 Uhr liegt dein Trade 20 Punkte oder 2.000 Euro vorne.
Frage: was wirst du tun? Lässt du den Trade regelkonform laufen oder nimmst du erstmal die 2.000 Euro Gewinn mit?
Nachvollziehbar wäre es, schließlich gehst du für besagte 2.000 Euro mehr als die Hälfte eines ganzen Monats oder rund 100 Stunden arbeiten…
Dir ist sofort klar, dass man so nicht denken sollte.
Aber auch das ist ganz natürlich und normal und ich kenne niemanden, der solche Gedanken nicht nachvollziehen kann.
An diesem einfachen, aber nachvollziehbaren Beispiel wird sehr schnell deutlich, dass eine zu große Positionsgröße die menschliche Tendenz natürlich erhöht, Gewinner zu schnell mitnehmen zu wollen und Verluste laufen zu lassen (im obigen Beispiel haben wir diszipliniert den Verlust realisiert, aber ich kenne auch Geschichten, wo der jeweilige Trader völlig paralysiert vorm Rechner saß und den Verlust völlig aus dem Ruder laufen ließ).
Wir erkennen: die unprofitable Eigenschaft, zu große Positionen im Trading einzugehen und die unprofitable Eigenschaft zur Verlust-Aversion, gehen im Trading scheinbar Hand in Hand.
Im Zusammenhang mit dem Zusammenspiel der Säulen profitablen Tradings und hier der Trading-Psychologie und des Risiko- und Money Managements habe ich auch schon einmal einen Vortrag gehalten, z.B. für den Broker „CapTrader“:
Im nächsten Artikel wollen wir uns dem nächsten Hauptgrund für Unprofitabilität im Trading widmen, dem Trading auf „sicheren Tipps“.
Für ein Feedback zum obigen Artikel oder auch allen bisherigen Artikeln in dieser Serie, sende gerne E-Mail an jklatt@jk-trading.com
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