„500 Euro“ sind sowohl im Hinblick auf das Startkapital für ein Trading-Konto nur ein Platzhalter, aber auch in Bezug auf die ersten 500 Euro Gewinn.
Denn tatsächlich ist die Größe des ersten Handelskontos oder auch die zu erwartenden Gewinne im Trading sehr individuell.
So lag meine erste Konto-Kapitalisierung zum Beispiel bei rund 1.000 Euro wenn ich es richtig erinnere.
Und statt eines 500 Euro Profits habe ich ja erstmal einen 500 Euro Verlust innerhalb kürzester Zeit verkraften müssen, wie in einem früheren Blog-Artikel ja einmal geschildert.
Aber rein theoretisch könnte man eine Idee skizzieren, wie lange es bei einem größeren Handelskonto dauert, diese 500 Euro zu erhandeln und als Profit auf der Habenseite stehen:
bei für die Strategie günstigen Marktbedingungen sind mit solidem Risiko- und Money Management (sprich: 0.5 bis 0.7% Risiko pro Trade) auf einem 10.000 Euro Konto auch ohne weiteres 500 Euro Profit im Monat (also 5%) denkbar - allerdings sollte man nicht von 5% pro Monat als Regel ausgehen.
Durch den Zinseszinseffekt hätten wir dann eine jährliche Rendite von rund 80%, die selbst die besten Hedgefonds-Manager Performance-technisch verblassen lassen würde.
Aber mit einem 10.000 Euro Konto sind solide 5% in drei Monaten absolut realistisch, besonders wenn man mit einem Hebel agiert, der es ja ermöglicht, mit seiner Kontoeinlage einen wesentlich größeren Gegenwert im Markt zu bewegen, im Devisenbereich als Privatanleger das bis zu 30-fache, wenn ich eher Aktienindizes wie den DAX trade, dann das 20-fache.
Und sobald die Kontogröße wächst, kann es sogar so sein, dass es sich bei 500 Euro früher oder später um einen Stop Loss handelt.
In der Tat war es bei mir sogar so, dass ich in Hochzeiten mit 500 Euro noch nicht einmal mehr von einem „Scale Out“-Betrag gesprochen habe, also einem Betrag, den man als Verlust bereit war zu akzeptieren, wenn sich die Position nicht so entwickelt hat, wie das ursprünglich erwartet wurde und man dann das Risiko dann begonnen hat stückweise zu reduzieren.
Wie nun also die „ersten 500 Euro“ zustande kommen, hängt offenbar ganz wesentlich von der Kontogröße ab und auf diese wollen wir mal etwas genauer schauen.
Auch „klein“ ist fein“ im Trading
Dank der Mikronisierung im FX- und CFD-Bereich lässt sich selbst mit einem 500- oder 1.000 Euro Konto einigermaßen professionell handeln, wobei sich „professionell“ auf das Risiko- und Money Management bezieht.
Mit einem Privatanleger-Hebel von 30 zu 1 müssen für die Eröffnung eines EURUSD Mikro-Lots 33.33 Euro Margin hinterlegt werden, wobei sich der Pip-Wert derzeit (Stand: Juli 2020) auf 0.09 Euro beläuft.
Gehen wir rein hypothetisch davon aus, dass wir eine EURUSD-Long-Position mit einer Stop-Weite von 100 Pips eröffnen wollen.
Dann sprechen wir bei einem Pip-Wert von 0.09 Euro von einem Risiko von 9 Euro oder etwas weniger als 2% auf unsere Kontoeinlage von 500 Euro.
Hier wird allerdings offenbar, warum ich „einigermaßen“ sage:
wenn man einige Jahre an Erfahrung im Trading hat und somit ganz besonders im Risiko-Management, dann bin ich bei 2% Risiko pro Position schon etwas „reserviert“, da das in den meisten Handelsstrategien schon ein beachtliches prozentuales Risiko pro Position bedeutet.
Zum Vergleich: in meinem Trading z.B. im DAX-Projekt beträgt mein Risiko pro Position durchschnittlich 0.4 bis 0.5% (das hängt ein wenig von der Volatilität im Markt ab), übersteigt in den seltensten Fällen 0.6% pro Trade.
Warum zu groß manchmal nicht so gut ist
Und der Grund für diese konservative Herangehensweise ist auch schnell geliefert: nicht nur, dass es schwer ist, Geld im Trading zu verdienen.
Hinzu kommt, dass es noch einmal schwieriger ist, Verluste wieder zurück zu gewinnen oder ganz plump:
Wenn erstmal 50% vom Handelskonto weg sind, dann muss du schon 100% machen, um wieder auf Plus/Minus 0 zu sein (nach Kommissionen und Gebühren sogar mehr als 100%…).
Nun kommen wir fließend zu einem weiteren Problem: dem geringen Euro-Gegenwert.
Selbst wenn wir von der recht aggressiven, prozentualen Positionsgröße von 2% ausgehen, so sprechen wir doch „nur“ von einem absoluten Euro-Risiko von rund 10 Euro…
Hier kommen wir dann recht zügig in den psychologischen Bereich und neben dem Ego ergibt sich ein weiteres "Problem":
Im Großen und Ganzen hört man sehr häufig, dass man, nur sehr klein mit dem Live-Handel beginnen sollte, eventuell gar erst mit einem Demo-Konto (schaue dir hierzu auch mein YouTube-Video-Tutorial "Dein Start ins Trading: erst Demo oder gleich Live?" an).
Und ich persönlich bin ein großer Freund vom Demo-Trading oder auch vom Start „mit kleinem Geld“, da das dramatisch die Chance erhöht, dass man sich in seiner persönlichen Komfortzone bewegt und sich weniger von monetären Schwankungen beeinflussen lässt und sich viel mehr auf die saubere Trade-Ausführung konzentriert.
Aber hinsichtlich des Lern-Effekts ist Demo-Trading, aber auch das Handeln mit einem sehr kleinen Handelskonto nicht unbedingt und uneingeschränkt zu empfehlen, denn: es geht eben um nichts oder nur um wenig – jedenfalls dann, wenn man es „professionell“ angeht.
In der Psychologie gibt es hier das sogenannte Yerkes-Dodson-Modell, welches erklärt, wo hier das Problem entsteht:
Ein Blick hinter die Kulissen eines Traders
Yerkes-Dodson beschreibt das Leistungsniveau eines Menschen in Abhängigkeit vom Erregungsniveau.
Die resultierende Kurve hat ihren Hochpunkt in der Mitte zwischen Langeweile und Angst.
Das hört sich komplizierter an, als es ist: wenn mir etwas leicht und intuitiv von der Hand geht (z.B. Schuhe binden), dann wird das nach mehreren Malen tun, langweilig.
Gehen wir dazu davon aus, dass die Aufgabe darin besteht, die Schuhe 50 Mal zu binden.
Ich habe das zwar selbst noch nicht getestet, aber ich vermute, nach dem 20ten Mal würde es nervig werden.
Sehr wahrscheinlich würde ich die Konzentration bzw. Motivation verlieren, es würden sich Fehler einschleichen, ich müsste vermutlich diverse Male noch einmal neu zum Binden ansetzen und einen Knoten fabrizieren, den ich dann erstmal wieder „auseinander klamüsern müsste“.
Aufs Trading angewendet ist das unser Demo-Modus oder unser „Kleiner-Live-Modus“, sprich:
nach einigen Trades, wird es langweilig und ich habe nicht selten von angehenden Tradern Aussprüche gehört wie:
„Können wir jetzt mal loslegen, da soll sich auch mal was im Konto bewegen…“
Wenn man dann für etwas “Volatilität in der Kapitalkurve” sorgt und blöderweise einen oder mehrere Verlust-Trades in seinem kleinen Handelskonto erleidet, dann kommt es zu einem Problem.
Das Problem resultiert hier nicht nur aus dem Umstand, dass eine, in Relation zum kleinen Handelskonto eingegangene Position im Fall eines natürlich auftretenden Verlusts ein derart großes (prozentuales) Loch ins Handelskonto reißt.
Nein, das Problem entsteht an jener Stelle, wo sich der unerfahrene Trader vor der Mammut-Aufgabe stehen sieht, diesen Verlust wieder aufzuholen (außer natürlich, man wacht in einem „Harakiri-Trade“ auf der richtigen Seite der Varianz auf und hat Glück…)
Gehen wir hierzu mal rein hypothetisch von einem Verlust von 100 Euro in einem 500 Euro Konto aus.
Monetär spielt das keine Rolle oder zumindest nur eine kleine, denn: 100 Euro mehr oder weniger tun in den seltensten Fällen weh.
Aber mental ist der Verlust tatsächlich sehr schlimm, denn er frustriert und es wird ein Neurotransmitter namens „Kortisol“ ausgeschüttet.
Bei Kortisol handelt es sich um „Stress-Hormon“, welches dazu führt, dass sich der Trader „ermattet“, „niedergeschlagen“, ja regelrecht depressiv werden oder bereits sein kann.
Das scheint jetzt im ersten Moment übertrieben, ist aber nicht zu unterschätzen, erfahrungsgemäß eher die Regel, als die Ausnahme (lese hierzu auch den Blog-Artikel "Die Biochemie des Tradings" oder schau das YouTube-Video-Tutorial "Trading Psychologie - Profitabilität durch mentale Stabilität").
Was wir eher anstreben sollten ist, die Ausschüttung von „Glückshormonen“ wie Serotonin und Dopamin.
Der Lern-Turbo im Trading
Diese Hormone fungieren als eine Art „Lernturbo“, sind eine Art „Dünger“ in Bezug aufs Wachstum neuronaler Verknüpfungen und unterstützen den Lernprozess im Allgemeinen ganz maßgeblich.
Worauf ich hier hinaus will: kleine, von Erfolg geprägte und Freude bringende Schritte in unserem Trading, frei von Angst und Stress führen zu Freude und Lust nach mehr.
Durch diese Freude und Lust am Lernen, was diszipliniertes, geduldiges und schlussendlich erfolgreiches Trading ausmacht, kann unser Gehirn neuronale Verknüpfungen besser und schneller aufbauen.
Wenn ich nun allerdings durch einen (in Relation prozentual zu meinem kleinen Handelskonto) zu großen und nahezu unmöglich wieder aufholenden Verlust frustriert bin und mich einer sehr anstrengenden und meine ganze Konzentration, Kraft und Aufmerksamkeit fordernden Aufgabe gegenüber sehe, es zudem um "nichts" oder "nur 100 Euro" geht, dann...
Ja, dann kann und wird der Handel eines 500 Euro-Kontos mehr Schaden als Nutzen für meine Karriere als Trader anrichten.
Also: mein Ziel ist es, dass ich mich genau in der Mitte zwischen Langeweile und Angst wiederfinde, der sogenannten „Zone“.
In dieser "Mitte" oder auch "Zone" verspüre ich einerseits einen Nervenkitzel bei meinem Trading, andererseits habe ich aber auch keine Angst zu verlieren.
Und selbst wenn ich mal einen natürlichen Verlust-Trade zu verkraften habe, bleibe ich motiviert und bin darum bemüht auch weitere Fortschritte in meinem Trading zu machen.
Und wie groß soll nun ein erstes Handelskonto sein?
Lange Rede, kurzer Sinn: ich würde vermutlich mit einem kleinen Live-Konto beginnen, würde diesen aber nicht pauschal mit der Mindestkontoeinlage von 500 Euro „zum Testen“ beziffern.
Stattdessen würde ich für mich selbst einen Betrag definieren und herausfinden, wo genau dieses Gleichgewicht zwischen Langeweile und Angst bei mir persönlich gegeben ist.
Das Ganze garniere ich mit einer Risiko-/Money Management-Daumenregel, wonach ich pro Trade maximal 1% meines Handelskontos riskieren sollte und mir somit „Spielraum für Fehler“ eingestehe und beginne dann von dort.
Konkretes Beispiel:
20 – 30 Euro pro Tag könnte ich einerseits zwar als Verlust verkraften, auf der Kehrseite würde mich das aber schon „kitzeln“, wenn ich diesen Betrag verlieren würde
Dann teile ich 25 Euro durch 1% Risiko pro Trade und erhalte 2.500 Euro als „Test-Konto-Betrag“.
Zusammenfassung
Durch die Mikronisierung im CFD- und FX-Bereich, also die Möglichkeit Micro-Lots zu traden, ist es möglich 500 Euro Konten zu eröffnen und einigermaßen professionelles Risiko- und Money Management zu betreiben
Das Problem bei solch kleinen Konten ist primär mentaler Natur: es geht im übertriebenen Sinne um “nichts”
Resultat: überhebelte Positionen in Relation zum kleinen Konto führen
Die entstehenden Verluste fallen monetär nicht ins Gewicht, frustrieren aber, da mit solidem Trading und Risiko-Management prozentual hohe Verluste zurück zu erhandeln sehr schwer bis unmöglich ist, wobei es zeitgleich weiterhin um "nichts" geht
Das Resultat ist eine frustrierende Abwärtsspirale an dessen Ende die Aufgabe des Traders steht oder mehr und mehr Geld “nachgeschossen” wird, um den Verlust zurück zu bekommen
Die Lösung des Problems: finde heraus, welcher Geldbetrag dich einerseits “nicht stört”, dich aber andererseits ausreichend “kitzelt”, wenn du ihn verlierst und dich motiviert dran zu bleiben
Ausgehend von verschiedenen Lern-Typen, findet sich dieser Blog-Artikel im Folgenden übrigens auch noch einmal als Podcast gemeinsam mit Admiral Markets:
Abschließend:
Trading muss man erlebt haben, lernt man nicht durch Zuhören oder lesen.
Man lernt Trading durch aktives Handeln.
Daher würde ich auf jeden Fall empfehlen, mit einem Demo-Konto zu beginnen, um sich ein Bild vom Trading zu machen.
Ein solches Demo-Konto kann man sich zum Beispiel bei Admiral Markets HIER herunterladen.
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