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Wenn im Sommer die Volatilität abnimmt: wie finden Trader handelbare Märkte?

Aktualisiert: 5. Aug.


Der Sommer ist da, die Schwankungen bzw. Volatilität am Aktienmarkt nimmt spürbar ab, DAX, Dow und der S&P500 bewegen sich gefühlt kaum noch.


Im Falle des S&P500 haben wir zum Beispiel in den ersten zweieinhalb Wochen des Monats Juni 2021 17 Handelstage in Folge innerhalb einer 1%igen Tagesspanne geschlossen – eine der längsten Strecken seit Ende 2019


Worin das damals endete, ist vermutlich noch vielen im Gedächtnis: Ausbruch der Corona-Pandemie, Lockdown, Panik und ein Ansteigen der Volatilität an den globalen Finanzmärkten, die selbst die Schwankungen Ende 2008 rund um den Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers und den Ausbruch der großen Finanzkrise haben blass ausschauen lassen.


Vor diesem Hintergrund wird sich der ein oder andere Trader vermutlich fragen, ob man dann jetzt nicht sein Kapital und Nerven schonen sollte, stattdessen den Koffer packen und in den Sommerurlaub entschwinden um dann frisch gestärkt und ausgeglichen in den vermutlich heißen Tanz in den Spät-Sommer und Herbst, der uns Trading-technisch bevorstehen könnte, zu starten.


Das ist natürlich eine Möglichkeit.


Eine andere wäre, sich ausgehend von seinem Handelsansatz nach Märkten umzuschauen, die auch während der Sommer-Monate mehr an Action und Volatilität bieten.


Für mich persönlich ist eine solche Anpassung meines gehandelten „Märkte-Spektrums“ in der Tat das normalste von der Welt.


Vor rund zehn Jahren lag mein Hauptfokus beispielsweise primär auf den Devisenmärkten.


Damals gab es noch so etwas wie „Zins-Differenziale“, sprich:


unterschiedliche Leitzinsniveaus bei den jeweiligen Notenbanken, der japanische Yen galt zum Beispiel durch seine „Null-Verzinsung“ als klassisches Finanzierungsvehikel für Carry Trades, während der Austral-Dollar ("Aussie") oder auch der Neuseeland-Dollar („Kiwi“) Hochzinswährungen waren, in welche du deine günstigen japanischen Yen eingetauscht hast.


Oder anders: du hast dich auf der Suche nach Rendite günstig „verschuldet“, den Yen Short gehandelt und bist dann die höher verzinste Währung Long gegangen.


Das hat zu einer Art Performance-Booster aus Zins-technischer Sicht geführt, denn du hast zusätzlich zu potentiellen Kapitalgewinnen auch noch Zinsgutschriften erhalten.


Wenn es dann an den Finanzmärkten ungemütlich wurde und Risikoaversion einsetzte, haben sich diese Kapitalflüsse umgekehrt und es kam zu starken Trends zurück in den japanischen Yen und raus aus dem Aussie und Kiwi.


Es entstanden also schöne, saubere Trends, sowohl auf der Long-, als auch auf der Short-Seite und du hast als Devisenhändler deine wahre Freude gehabt.



Tja, diese Zeiten haben sich durch den Liquiditätsexzess der Notenbanken rund um den Globus geändert:


heute bekommst du für keine der G7-Währungen (US-Dollar, Euro, japanischer Yen, Britisches Pfund, Aussie, Kiwi oder Schweizer Franken) auch nur ansatzweise einen attraktiven Zins, die Price Action in Devisen stellt sich alles andere als attraktiv dar, die Volatilität nimmt mehr und mehr ab, aktives Breakout-Trading, ja selbst Trendhandel fällt immer schwerer profitabel umzusetzen.


Das hat in meinem Fall dazu geführt, dass ich mich verstärkt auf den Handel von Aktienindizes begonnen habe zu konzentrieren, ganz besonders den DAX (Blog-Artikel).


Aber auch hier treten immer wieder Phasen auf, wo die Volatilität sehr zu wünschen übriglässt und profitables Trading schwerfällt.


Unterm Strich lässt sich vor allem eins festhalten:


Du kannst als Trader nur so gut sein, wie es der von

dir gehandelte Markt zulässt.


Du kannst ein begnadet guter Trader sein, die Price Action nahezu perfekt lesen können und ausgehend von deiner Analyse der Märkte zu hochinteressanten Trading-Setups gelangen.


Wenn der von dir auserwählte Markt sich anschließend nicht bewegt und es an der benötigten Volatilität, jener Komponente, die dem Wind gleicht, den ein Surfer zum Wellenreiten benötigt, mangelt, dann wirst du am Markt nur sehr schwer Geld verdienen.


Und wie finde ich Märkte die sich bewegen?


Erst einmal würde ich mich dieser Thematik mit „gesundem Menschenverstand“ widmen und die Frage beantworten:


Was wird gerade heiß diskutiert, was bewegt die Massen gerade?


Da wäre zum einen der Bitcoin bzw. Krypto-Währungen generell.


Erinnern wir uns hierzu an einige Ausführungen meinerseits in einem früheren Blog-Artikel.


Dort stellte ich heraus, dass noch im Mai 2020, also aktuell vor gut einem Jahr, Bitcoin zum USD unter 10.000 USD handelte.


Dann, am 14.04.2021 wurde die Krypto-Währung bei 64.829 USD oder fast 600% höher gehandelt.


Also konkret: wer am 31.05.2020 1 Bitcoin zu 9.500 USD gekauft und gehalten hat (Bitcoin-Sprech: "ge-hodlt"), bekam keine 12 Monate später über 65.000 USD an Buchgewinnen auf seinem Konto angezeigt.


Tja, am 19.05.2021 wurde Bitcoin im Tief bei nur noch 29.563 USD gehandelt, ein Minus von rund 54% - innerhalb von einem Monat wohlgemerkt.


Die besagte Woche beschloss Bitcoin um 40.000 USD oder knapp 40% höher ausgehend von seinen zwei Tagen zuvor markierten Tiefs.


Solche Schwankungen sind ein Fest für Trader, besonders jene, die wissen was sie tun, eine klare Strategie verfolgen (möglichst eine auf Momentum abzielende Handelsstrategie) und ein gutes Wissen um technische Analyse haben – welche im Krypto-Bereich erstaunlich gut funktioniert, höchstwahrscheinlich, weil Bitcoin-Trading primär im Privatanlegerlager Anklang finden dürfte.


Was dir vielleicht auch nicht entgangen sein dürfte ist meinerseits die verstärkte Thematisierung von US-Aktien in meinem YouTube-Kanal und den dort einlaufenden Trading-Tutorials.


Hier gab es zum Beispiel die GME-Saga im Januar 2021, gefolgt von den massiven Schwankungen in sogenannten „Meme-Stocks“ wie AMC, Blackberry, Nokia oder Bad, Bath & Beyond (BBBY), initiiert durch die „Reddit-Trading-Army“.


Diese ist im übertragenen Sinn ein Zusammenschluss von Privatanlegern, die sich aktiv zum Trading-Geschehen in sozialen Medien austauschen und sogar ihren Weg in die deutsche Mainstream-Finanzberichterstattung geschafft haben.


Der vertikale Kursanstieg in Gamestop bzw. GME hat die Aktie zum Beispiel ausgehend von seinem Eröffnungskurs am 04. Januar 2021 in rund vier Wochen hat rund 2400% auf 484 USD befördert.


Der damit einhergehende Anstieg der Volatilität in der Aktie hat derart absurd hohe Niveaus angenommen, dass die durchschnittliche Schwankungsbreite der Aktie gemessen mit der ATR (Average True Range; für weitere Infos hier ein YouTube-Tutorial) für die letzten 22 Handelstagen zeitweise hat höher liegen lassen als das Kursniveau der Aktie.



Solche Schwankungen lassen aktive Trader mit der Zunge schnalzen und werfen weniger die Frage auf, ob es während der niedrig volatilen Phase im DAX oder Dow, im „Sommerloch“ attraktive Handelsgelegenheiten gibt.


Vielmehr lautet die Frage:


Wie kann ich diese „heißen“, volatilen Titel finden?


Was macht eine Asset-Klasse heiß?


Grob gesprochen lässt sich diese Frage auf zwei Antworten herunterbrechen:

Es braucht

  • eine marktbewegende Nachricht

  • unüblich hohes Volumen im betrachteten Wert


Marktbewegende Nachricht


Was eine Asset-Klasse Nachrichten-technisch bewegt, ist natürlich abhängig von der Asset-Klasse.


Blicken wir auf Krypto-Märkte und hier ganz besonders auf Bitcoin, dann könnte eine solch marktbewegende Nachricht ein Tweet von Elon Musk sein oder die Meldung, dass China Krypto-Währungen plant strikter zu regulieren oder den Fokus auf Bitcoin-Miner und deren Schaffen schärfer zu beäugen.


Im Falle von Aktien könnte folgende, nicht erschöpfende Liste als gute Orientierung dienen was mit „marktbewegend“ gemeint ist:

  • günstigere Gewinnaussichten (engl. „Improved Margins“) thematisieren,

  • ein Unternehmen kündigt an, dass gegen es ermittelt wird (nie gut…),

  • dass sich die Gewinnaussichten erhöht oder reduziert haben (engl. „Earnings guidance“),

  • Umsatzaussichten/-prognosen nach oben oder unten angepasst wurden (engl. „Revenue guidance“),

  • eine Zu- oder Abnahme des Marktanteils verkünden (engl. „Market share“)

  • oder ein bahnbrechendes, neues Produkt, neues Medikament, etc. auf den Markt bringen.

Besonders sogenannte Growth-Titel wie zum Beispiel Tesla, wo der Markt Schwierigkeiten hat eine Gewinnobergrenze festzulegen, können stark schwanken.


Das gilt ganz besonders im aktuellen Umfeld, welches sich regelrecht „ertränktvon Notenbankliquidität präsentiert.


Tja, und ausgehend von solchen, außer- bzw. nachbörslich verkündeten Nachrichten ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die betroffene Aktie mit einem deutlicheren Gap eröffnet (also zu einem Kurs eröffnet, der deutlich ober-/unterhalb des Vortagesschlusskurs liegt).


Ist dieses Gap mindestens 3%, eher 5% groß (sowohl auf-, als auch abwärts), rückt die Aktie schon einmal in unseren Fokus.


Allerdings ist eine marktbewegende Nachricht und ein auftretendes Gap allein noch nicht schwerwiegend genug, als dass wir diese auch Intraday traden wollen bzw. die Aktie von uns als „heiß“ betitelt werden sollte.

An dieser Stelle kommt dann das „Volumen“ ins Spiel.


Wikipedia schreibt zum Thema „Volumen“:


Unter Handelsvolumen versteht man die Absatzmenge oder den Umsatz der in einem bestimmten Zeitraum an einer Börse gehandelten Finanzprodukte wie Effekten oder Finanzkontrakte.


Das bedeutet für unsere Zwecke genutzt und etwas umformuliert:


wenn das Volumen hoch ist, ist eine Aktie eher „heiß“ als im Falle eines niedrigen Volumens.


Wenn man sich zum Beispiel eine Webseite wie „Marketwatch“ anschaust, wird man nahezu täglich in der Vorbörse die gleichen Namen unter den Volumen-technisch am aktivsten gehandelten Namen finden („Most Active“): Apple, Amazon, etc.


Aber: sind diese Titel auch immer „heiß“? Nicht wirklich…


Ausgehend hiervon wollen wir uns der Thematik „Volumen“ aus einer anderen Perspektive nähern:


Gerade eben hatte ich bereits die Veröffentlichung von Nachrichten vor- bzw. nachbörslich erwähnt.


Tatsächlich findet dort auch Handel statt, allerdings weniger unter Einbeziehung von Privatanlegern, hauptsächlich sind dort die „Großen“ unter sich.


Grundsätzlich resultieren die Begriffe vorbörslicher und nachbörslicher Handel aus den offiziellen Börsenhandelszeiten, in Bezug auf die US-Börsen wie z.B. NYSE oder NASDAQ von 15:30 bis 22:00 Uhr.


In der Tat ist es in den USA besonders unter institutionellen Marktteilnehmern üblich (und diesen auch möglich), vor- bzw. nachbörslich zu handeln, sprich: vor 15:30 Uhr bzw. nach 22 Uhr und beispielsweise auf nicht selten nach Handelsschluss veröffentlichte Quartalszahlen zu reagieren und sich zu positionieren.


In Bezug auf die Vorbörse lässt sich grob festhalten, dass der institutionelle Handel ab 14 Uhr (MEZ) aktiver beginnt, z.B. Aktien zu handeln, ab 15:30 Uhr (MEZ) findet dann der reguläre Handel statt.


Und hier wird es für uns als Trader in Bezug auf das Suchen und Finden „heißer“ Aktien interessant:


abhängig vom vorbörslich gehandelten Volumen in Relation zum sonst durchschnittlich gehandelten Volumen in einer Aktie lässt sich eine Vermutung anstellen, ob eine von marktbewegenden Nachrichten und „gappende“ Aktie vom institutionellen Handel als interessant erachtet wird, denn:

beträgt das vorbörslich gehandelte Volumen (bzw. die Anzahl gehandelter Aktien) mehr als 10% der sonst durchschnittlich im betrachteten Wert gehandelten Aktien, wird’s langsam „heiß“.


Grundsätzlich sollten mindestens 10% des sonst durchschnittlich täglich gehandelten Volumens umgesetzt werden, ab 50% des durchschnittlich gehandelten Volumens in einer Aktie, wird’s auf jeden Fall „heiß“.


Eine darüberhinausgehende Kennzahl, die man im Hinterkopf haben sollte, ist „RVol“.


„RVol“ steht kurz für „Relatives Volumen“. Darunter versteht man das aktuell gehandelte Volumen in einer Aktie und setzt das ins Verhältnis zum sonst im gleichen Zeitfenster gehandelten Volumen.


Ist das RVol zwischen 15:30 und 15:45 Uhr zum Beispiel 5.5, bedeutet das, dass aktuell im betrachteten Zeitfenster 5.5mal so viele Aktien gehandelt werden, als üblich.


Interessant wird es, wenn das RVol größer 2, besonders größer 3 ist.


Grundsätzlich gilt: je höher das RVol ist, umso „heißer“ ist die betrachtete Aktie.


Und wo kriege ich diese Informationen her?


Ich schaue hier gerne auf die Webseite „Finviz.com“, welche ein sehr attraktives Aktien-Filter-Werkzeug anbietet.

Quelle: Finviz.com


Oben links tippe ich einfach das Ticker-Symbol ein, z.B. TSLA für Tesla und erhalte dann auf einen Blick Angaben zum Volumen, nicht nur durchschnittlich pro Tag gehandelt (Avg Volume), sondern eben auch zum RVol (Rel Volume).


Habe ich vorher festgestellt, dass die Aktie bereits in der Vorbörse aktiv gehandelt wird (z.B. auf Marketwatch) und sehe dann, dass das RVol größer 2 ist, darf ich davon ausgehen, dass in der jeweiligen Aktie wesentlich mehr los ist, als normalerweise und der Einzeltitel lohnt für den Tag, eventuell gar für die kommenden Tage/Woche, einen genaueren Blick.


Wer eher im „Global Macro“-Universum angesiedelt ist, auch für den finden sich in den eher ruhigen Sommer-Monaten attraktive Handelsgelegenheiten.


Derzeit wird zum Beispiel das Thema „Inflation“ hoch und runter gespielt, Fragen gestellt wie:

  • „Kommt die Inflation nach all den Jahren geldpolitischen Exzesses?“ und

  • „Wie werden die FED und EZB auf das Inflations-Ungeheuer“ reagieren?

  • "Sind Zinsanhebungen im durch Corona belasteten Umfeld wirklich eine Option?“

Für uns als Trader erwachsen hieraus natürlich interessante Trading-Überlegungen und -Gelegenheiten.


Besonders Gold und Silber, aber auch andere Edelmetalle wie Palladium und Platin oder Crude WTI und Brent Oil stehen im Fokus und finden sich potenziell vor einer zeitnah stärker anziehenden Volatilität gegenüber.


Ich persönlich sehe das Potenzial für Gold und Silber, aber auch für Öl grundsätzlich eher auf der Oberseite, aber stärkere Schwankungen im Zinsmarkt, besonders in US-Zinsen, dürften nicht ohne ebenfalls starke Schwankungen und schärfere Rücksetzer in Edelmetallen einhergehen.

Fazit


Während die Sommermonate gemeinhin dafür bekannt sind, wenig Action und Schwankungen in Klassikern und gerne gehandelten Assets wie dem DAX oder Dow zu liefern, können andere Asset-Klassen einen tieferen Blick lohnen.


Besonders wenn man ein Gespür dafür entwickelt hat, auf welche Kennzahlen man blicken sollte und somit neben dem „Buzz“ rund um heiße Asset-Klassen wie Kryptos oder speziell Bitcoin in sozialen Medien objektive Kennzahlen an der Hand hat, ausgehend von welchen man „heiße“ Assets filtern kann, kann man zur besten Version als Trader werden, denn:


Du bist als Trader eben nur so gut, wie der Markt den du tradest!


Dieser Blog-Artikel findet sich auch noch einmal in einem Podcast gemeinsam mit Admiral Markets:



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